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der nachrufDer Jahrhundertkoch, Freiheitskämpfer und französische Patriot Paul Bocuseist tot

Der wahrscheinlich berühmteste Koch der Welt, Paul Bocuse, ist am Samstag in seiner „Auberge du Pont“ in Col­longes-au-Mont-d’Or bei Lyon mit 91 Jahren gestorben. Er war nicht nur ein begnadeter, erfindungsreicher Küchenchef, sondern auch ein Lebenskünstler, der auf eine lange und reiche Karriere zurückblicken konnte.

„Drei (Michelin-)Sterne, drei Herz-OPs, drei Frauen“, so resümieren viele Medien die bewegte Geschichte dieses lebensfrohen und humorvollen Franzosen, der mit der Kochkunst das Savoir-vivre seines Landes in alle Welt exportiert hat. Für den Gastronomieführer „Gault&Millau“ war er schlicht der „Jahrhundertkoch“. Für ihn war das Kochen eine Familientradition, die bis ins 17. Jahrhundert zurückreichen soll. Die Großeltern väterlicher- und mütterlicherseits führten in der Region nördlich von Lyon Restaurants und Hotels. Die von den Eltern übernommene Auberge du Pont sollte zeit seines Lebens sein kulinarisches Zentrum bleiben, auch als er später Restaurants in seiner Lyoner Heimatregion sowie in Japan, in den USA und in der Schweiz eröffnete.

Doch bevor sich der junge Bocuse der beruflichen Ausbildung und seiner Leidenschaft, dem Kochen, widmen konnte, beteiligte er sich 1944 mit 18 Jahren als Freiwilliger in den Truppen der France libre an der Befreiung Frankreichs. Aus dieser Zeit stammte ein auf seine Schulter tätowierter gallischer Hahn. Bocuse war auch in der Verteidigung der zum Kulturerbe erhobenen „Grande cuisine“ ein Patriot, wenn er von den Qualitätsprodukten der Landwirtschaft, der Weinberge und der Fischerei und den Herkunftsgebieten vom Mittelmeer bis Nord­frankreich schwärmte: „Kein ­anderes Land kann sich mit einer solchen Vielfalt brüsten.“

„Monsieur Paul“, wie ihn seine Mitarbeiter und Stammgäste ehrfurchtsvoll nannten, gilt zugleich als Erneuerer und als Bewahrer. Selber hat er dafür eine Devise formuliert: „Für mich gibt es nur eine Kochkunst: die gute!“ Das ultimative Ziel müsse es sein, dass die zubereite Mahlzeit nicht nur hübsch und appetitlich aussieht, sondern vor allem schmackhaft ist. Seine auf regionale Überlieferung basierenden und mit sicherem Instinkt erneuerten Kreationen mit Sahne, Butter, Teig und Wein als Ingredienzen sind keine leichte Diätküche. Sie verraten meist die Herkunft seiner Inspiration: die Tradition der Lyoner bouchons (Gaststätten).

Das hinderte ihn nicht daran, innovativ zu sein. Er gilt als Vorläufer und Kritiker der Nouvelle Cuisine. Legendär ist seine ironische Bemerkung zu den oft mickerigen Portionen gewisser Chefs der Nouvelle Cuisine: „Nichts auf dem Teller, alles auf der Rechnung!“ Der Gast sollte auf seine Kosten kommen … und Bocuse ebenfalls. In seiner langen Karriere hat er ein gastronomisches Imperium von Weltruf geschaffen, mit Rezepten (wie seine berühmte und nach Präsident Giscard d’Estaing benannte Trüffelsuppe), die ihn noch lange überleben werden, und einer eigenen Nachwuchsförderung mit dem Preis „Bocuse d’Or“. Sein Name bleibt ein Synonym für Kochen und Essen à la française. Rudolf Balmer

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