der kommentar : Der wahre Rückfall Deisler
Der Fußballprofi Sebastian Deisler war nach Ansicht des behandelnden Arztes von einer Depression geheilt. Nun diagnostiziert der Boulevard einen „Psycho-Rückfall“. Ganz ruhig bleiben!
Der Fall des Fußballprofis Sebastian Deisler ist so aufsehenerregend, weil es sich bei ihm um das größte Talent des deutschen Fußballs handelt. Und weil der Profifußball eine besonders autoritäre und anachronistisch-populistisch-machistische Männerwelt ist. Da passt Psychokram nicht rein.
Insofern war es angenehm, wie vernünftig Arbeitgeber, Branche, das raue Stadionpublikum und die noch rauere Boulevardpresse mit Deisler umgegangen waren, nachdem er vor der Saison als geheilt aus psychiatrischer Behandlung entlassen worden war. Doch nachdem Deisler seinen Arbeitsplatz im Turiner Quartier des FC Bayern unverrichteter Dinge verlassen hatte, musste der behandelnde Arzt gestern vor den versammelten Medien die Sache enthysterisierend kommentieren. Doch Spekulationen sind da. Und die Ersten (Bayern, DFB) fühlen sich bemüßigt, zu rufen: Wir sind nicht schuld. Kein gutes Zeichen. Die Aufgabe aller ist es jetzt, selbst keinen Rückfall zu erleiden und den bisherigen Stil im Umgang mit Deisler zu bewahren.
Klar ist: Wer gar nicht funktioniert in diesem Land, wird irgendwann fallen gelassen. Vom Staat, von der Gesellschaft, vom Arbeitgeber, vom Boulevard. Klar ist auch: Wer sich heute über Deislers gesundheitlichen „Rückfall“ wundert, hat die Erkrankung offenbar doch nie wirklich ernst genommen. pu