der kommentar : Afrikanischer Aderlass
Eine „Vergewaltigung der ärmsten Länder“ nennt James Johnson, Vorsitzender der britischen Ärztevereinigung „British Medical Association“, die Anwerbung von Ärzten aus „Entwicklungsländern“
Nächste Woche werden sich die Staats- und Regierungschefs der G 8 zu Verhandlungen treffen. Durch die Live-8-Konzerte soll Druck auf sie ausgeübt werden, den Schuldenerlass der ärmsten Länder noch weiter zu treiben.
Johnson macht nun auf einen anderen Missstand aufmerksam: das „Wildern“ der reichen Staaten im medizinischen Arbeitsmarkt der armen. In der Tat ist die medizinische Versorgung in weiten Gebieten Afrikas katastrophal. Ärzte, in Afrika kostengünstig ausgebildet, verlassen ihre Heimatländer und füllen Leerstellen im medizinischen Sektor der Industrienationen. Arme Staaten subventionieren so zwangsweise die medizinische Versorgung bei uns, während sie gleichzeitig auf Entwicklungshilfe angewiesen sind.
Doch die Ursachen des medizinischen Notstandes in armen Ländern sind vielfältig, eine pauschale Forderung wird ihnen nicht gerecht. Neben der Abwerbung durch Industrienationen stehen auch andere Faktoren – Armut, Diktatur und Seuchen, insbesondere HIV/Aids.
Ein Verbot der Abwerbung ist keine Lösung, macht es doch die Mediziner zu Opfern der Situation, der sie entkommen möchten. Vielmehr bestärkt der medizinische Notstand in Afrika die moralische Verpflichtung der Industrienationen, Wohlstand zu teilen. Nicht nur in Form von Entwicklungshilfe. NAT