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Archiv-Artikel

der große public-value-test (1) Heute: der Robbenbabysender

Zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Anbietern schwelt ein Streit: ARD, ZDF und Co. wollen ihre Internetangebote großzügig ausgestalten; die Privatsender giften, die Öffentlich-Rechtlichen dürften längst nicht so viel anbieten, wie sie es tun. Im Zukunftsfeld Internet fürchten sie die gebührenfinanzierte Konkurrenz. Die Öffentlich-Rechtlichen sind allerdings der Ansicht, sie würden eimerweise Gemeinwohl anbieten, und sprechen, wenn es um das Programm der Privaten geht, gerne auch mal vom Marktversagen. Was aber ist nun wirklich gut fürs Gemeinwohl?

Am 23. Oktober klopfen die zuständigen Ministerpräsidenten neue Spielregeln für das digitale Zeitalter fest. Und es ist höchste Zeit, einmal zu prüfen, wie es um den sogenannten Public Value der Sender tatsächlich bestellt ist. Wir beleuchten daher steckbriefartig das Schaffen der wichtigsten Anstalten.

Name: RTL Television

Alter: 24

Sitz: Köln am Rhein

Merkt man davon was?

Chefin: Anke Schäferkordt

Ihr Parteibuch: Dschungelbuch

Konzern: Bertelsmann AG

Information: 12,8 Prozent

Unterhaltung: 34,8 Prozent

Marktanteil (September):

12,5 Prozent beim Gesamtpublikum. Bei den 14- bis 49-Jährigen: 16,4 Prozent.

Programm-Highlights: Serien à la „Dr. House“. „Tutti Frutti“, der eigentliche Durchbruch des Privatfernsehens in Deutschland. „RTL Samstag Nacht“, der Durchbruch der Comedy. Und „Notruf“, der Durchbruch des Reality-TV.

Tiefpunkte: „Notruf“. „Tutti Frutti“. Und das „Dschungelcamp“.

Typisch bei rtl.de: Topstorys, die betitelt sind à la „Neue Verstärkung für Bohlen“.

Public Value: Peter Kloeppel. Der hat schließlich eine Nachrichtensendung. Nachrichten sind: Eisbär Knut. Und süße Robbenbabys. Wobei RTL-Oberboss Gerhard Zeiler meint, auch die „Life Improvement-Formate“ gehörten zum Public Value – Formate, in denen kinderreiche Familien beim Anblick spontan zusammengebauter Ikea-Regale vor Dankbarkeit in Tränen ausbrechen. Oder auch das Regime der „Super-Nanny“. All das, so der Vorstandsvorsitzende aller europäischen RTL-Sender, diene nicht der Vorführung armseliger Kreaturen zur Volksbelustigung. Sondern beweise, dass sich RTL seiner gesamtgesellschaftlichen Verantwortung stelle.

Bilanz: Melkkuh des Konzerns – nicht jeder verdiente Cent wird auch ins Programm investiert.

Inoffizielles Motto: „Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.“ (Ex-RTL-Chef Helmut Thoma)

Fazit: „Im Seichten kann man nicht ertrinken.“ (Thoma)