der achte tag :
Die Berlinale versteht sich als politisches Festival. Die Mitglieder der Auswahlkomitees unterstreichen diese Positionierung, indem sie Filme einladen, die dezidiert politische und bisweilen auch brisante Sujets verhandeln. In diesem Jahr trifft dies im Wettbewerbsprogramm unter anderem auf „Grbavica“, einen Spielfilm der bosnischen Regisseurin Jasmila Žbanić, zu und auf Michael Winterbottoms „The Road to Guantanamo“ – einen Film zwischen Dokument und Fiktion, in dem das Schicksal dreier junger Briten pakistanischer Herkunft verhandelt wird, die ohne Anklage mehr als zwei Jahre in Guantánamo gefangen gehalten wurden (siehe taz von gestern).
Nun gibt es nichts einzuwenden gegen politische Filme, schon gar nicht gegen klug gemachte. Das Politische sollte sich auf einem Filmfestival jedoch nicht vor den Film drängen, sodass er nur noch seiner Botschaft wegen wahrgenommen wird. Das wird umso problematischer, je ehrenwerter die Absicht ist. Genau dies geschieht mit „The Road to Guantanamo“: Der Film zwingt den Betrachter zur Sympathie, weil man gegen die Aussage nichts einwenden kann. Man muss Winterbottom zustimmen, wenn er skandalisiert, wie in Guantánamo die Genfer Konventionen verletzt und Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Daraus entsteht aber kein Raum – weder zur politischen Handlung noch zur Diskussion, sondern eher Lähmung: Wo es nichts mehr zu verhandeln gibt, da bleiben nur die Gewissheiten, da ist kein Diskurs mehr möglich. Doch wo bleibt die Kunst, wenn Einwände, Widerspruch, ästhetische Reflexion keinen Platz mehr finden? Und welches Licht wirft es auf ein Festival, wenn es so vorgeht? Als Trost bleibt: „The Road to Guantanamo“ ist nicht der einzige Film, der diese Berlinale repräsentiert. CN