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daumenkino15 Minuten Ruhm

John Herzfelds Debüt „32 Tage in L. A.“ gehörte zu der Sorte von Film, deren einzige gelungene Pointe man schon während des Abspanns wieder vergessen hat. So jemandem gibt man in Hollywood natürlich bedenkenlos weitere Aufträge, und aus evolutionären Erwägungen heraus muss auf das leidlich bemühte, kleine Erzählkino denn auch gleich der ambitionierte Blockbuster folgen.

Was Herzfeld im Sinn gehabt hat, lässt sich rückblickend nur erahnen. Irgendwo zwischen „Network“, „Natural Born Killers“ und „Schema F-Buddy-Movies“ hat er wohl noch eine Nische vermutet, die sich strategisch geschickt besetzen ließe. Eine bitterböse kleine Mediensatire sollte es sein mit viel Action, Gewalt und einigen komödiantisch bis romantischen Wendungen.

Die Handlung von „15 Minuten Ruhm“ ist so krude wie beknackt. Robert De Niro als mit People-Cover gekrönter Mediencop Eddie Flemming und Partner Jordy Warsaw (Edward Burns) vom Brandstiftungsdezernat begeben sich in der Hitze New Yorks auf die Jagd nach zwei in jeder Hinsicht penetranten Osteuropa-Immigranten, von denen dem einen die Gary-Oldman-Psychorussen-Nummer definitiv noch einige Nummern zu groß ist. Der andere fuchtelt ständig mit einer Digicam herum, als würde er sich für den ersten tschechischen Snuff/Dogma-Film empfehlen wollen (was dann, man mag es kaum glauben, auch tatsächlich passiert).

Ihre 15 Minuten kriegen sie schließlich, als sie De Niro entführen und vor laufender Kamera foltern.

Die praktische Handkamera mit den authentischen Wackelbildern ist als Symbol für vermeintliche Authentizität einerseits und latente Wahrnehmungsverschiebungen im andauernden Kriegszustand andererseits mittlerweile natürlich dermaßen abgeschmackt, dass man Herzfeld nur noch die zehn Jahre alte Virilio-Lektüre ans Herz legen möchte.

Was man dem Film letztlich positiv zugute halten kann, ist einzig und allein, dass De Niro nach anderthalb Stunden einen mehr als unwürdigen Filmtod stirbt. Der Anstand gebietet es dem Rezensenten zwar, solch schmackhafte Details besser für sich zu behalten, aber 120 Minuten von diesem Kaliber können einen die gute Kinderstube schon mal vergessen lassen.

ANDREAS BUSCHE

„15 Minuten Ruhm“. Regie: John Herzfeld. Mit: Robert De Niro, Edward Burns u. a., USA 2001, 121 Min.

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