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Astrophysiker über Sonnenfinsternis„Astronomie hat eine Wechselwirkung mit der Gesellschaft“

Die partielle Sonnenfinsternis kann am Samstag in Wilhelmshaven mit einer mobilen Sternwarte beobachtet werden. Ein großes Glück, sagt Andreas Schwarz.

Himmelsphänomene machen was mit dem Menschen: Be­su­che­r*in­nen des Hamburger Planetariums bei einer partiellen Sonnenfinsternis 2022 Foto: dpa | Axel Heimken
Interview von Louisa Eck

taz: Warum sollten sich Menschen für Astronomie interessieren?

Andreas Schwarz: Astronomie hat eine sehr vielseitige Wechselwirkung mit der Gesellschaft. Denn natürlich fragen sich die Menschen, woher sie kommen, wohin sie gehen, was ihre Bedeutung auf der Erde und im Universum ist. Es gibt aber auch Wechselwirkungen zwischen Erde und Weltraum. Ein schönes Beispiel sind die Polarlichter, die werden durch Teilchenstrahlung von der Sonne erzeugt.

taz: Das heißt, Astronomie betrifft uns im Alltag?

Schwarz: Auf jeden Fall. Wir bekommen einen Großteil unserer Energie von der Sonne. Und wir verwenden den erdnahen Orbit für unsere Kommunikation, für unsere Medien, für den täglichen Wetterbericht. Da sind wir auf Satelliten angewiesen, die im Weltraum stationiert sind. Und das heißt, wir müssen das Weltall und die zugehörige Physik verstehen, damit wir es technisch für uns nutzbar machen können.

Bild: privat
Im Interview: Andreas Schwarz

51, Astrophysiker, Vorsitzender des Astronomischen Vereins Wilhelmshaven-Friesland und Koordinator des Astronomienetzwerks Weser-Ems.

taz: Welche Rolle spielt denn da das Tiny Observatorium, das gerade in Wilhelms­haven Station macht?

Schwarz: Das ist eine mobile Sternwarte, die von der Universität Oldenburg und der Ländlichen Erwachsenenbildung in Niedersachsen getragen wird. Die Klaus-Tschira-Stiftung fördert das Tiny Observatorium im Rahmen des Projekts „Licht aus!“. Da geht es um Lichtverschmutzung. Gerade hosten wir …

taz: … also der Astronomische Verein Wilhelmshaven-Friesland.

Schwarz: … das Tiny Observatorium und bieten im März öffentliche Beobachtungstermine mit Vorträgen und Workshops an.

taz: An wen richtet sich dieses Angebot?

Schwarz: An die Öffentlichkeit, also an alle interessierten Menschen. Die Veranstaltungen sind kostenlos.

taz: Das heißt, man muss nicht vom Fach sein?

Schwarz: Genau, das ist der Sinn und Zweck. Es ist kein Fachsymposium unter Wissenschaftlern, sondern alle Veranstaltungen rund um das Tiny Observatorium richten sich ausdrücklich an die, ich sage mal, normale Bevölkerung. Wir wollen die Faszination Weltraum anschaulich nahebringen. Da kann jede und jeder ohne Vorwissen hingehen und es wird erklärt. Es ist keine Fachsimpelei damit verbunden.

taz: Am Samstag ist der Tag der Astronomie und zugleich ist eine partielle Sonnenfinsternis zu beobachten. Das gibt es nicht so oft – warum?

Schwarz: Im Endeffekt gibt es schon oft Sonnenfinsternisse und Mondfinsternisse, nur sind die nicht gleich häufig von dem gleichen Ort zu beobachten. Bei einer Sonnenfinsternis schiebt sich der Mond vor die Sonne. Aber diesmal schiebt er sich nicht direkt davor, sondern er bedeckt sie nur teilweise. Deswegen sprechen wir von einer partiellen Sonnenfinsternis. Wo man sie sieht, hängt davon ab, wann die Sonnenfinsternis anfängt. Diesmal haben wir Glück: Die partielle Sonnenfinsternis findet bei uns um die Mittagszeit statt und ist deshalb sichtbar. Wir haben sogar besonders Glück in Wilhelmshaven, denn 23 Prozent der Sonnenscheibe werden verdeckt sein. Deutschlandweit variiert der Wert zwischen zehn und 24 Prozent, sodass wir schon zu den besten Beobachtern in Deutschland gehören.

Beobachtung und Vorträge

Partielle Sonnenfinsternis“, 29. 3., ab 11 Uhr, Tiny Observatorium, Banter See, und im Jade Innovations­zentrum, Emsstraße 20, Wilhelms­haven. Infos: www.astronomie-whv-fri.de

taz: Und Sie beobachten diese partielle Sonnenfinsternis dann auch mit dem Tiny ­Observatorium?

Schwarz: Ganz genau, wir werden mit dem Tiny Observatorium die Sonne anvisieren. Wir haben spezielle Sonnenfilter, mit denen wir dann die Sonne abbilden können. Das Sonnenbild werden wir auf einen Bildschirm projizieren, sodass möglichst viele Menschen gucken können. Auch haben wir zusätzlich spezielle H-Alpha Teleskope aufgebaut, mit deren Filtern kann man auf der Sonne Dinge sichtbar machen, die man sonst nicht sehen würde. Eine Warnung muss ich dazu aber aussprechen: Die Sonnenfinsternis sollte man niemals ohne Augenschutz beobachten.

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