piwik no script img

das wird„Sie zeichnete mit an Bugs Bunny und den Looney Tunes“

Lee Leder Guttman ist heute kaum bekannt, dabei steht ihr Leben exemplarisch für das 20. Jahrhundert. Literaturrefentin Antje Flemming hat eine Ausstellung über die Künstlerin organisiert

Interview Lilith Parwanow

taz: Frau Flemming, woher kennen Sie die Künstlerin Lee Leder Guttman?

Antje Flemming: Ich lernte sie 1996 in Chemnitz kennen, wo ich als Studentin in der Lokalredaktion der Freien Presse gearbeitet habe. Und ich hatte dann eines Tages die Aufgabe, ein Porträt über sie zu schreiben, da sie als Überlebende des Holocausts zu den Tagen der Jüdischen Kultur, die in Chemnitz stattfanden, eingeladen war. Damals waren noch viele der Zeitzeugen und Zeitzeuginnen am Leben. Wir haben uns sehr lange unterhalten und dann auch angefreundet, sodass ich sie später in den USA öfters besucht habe.

taz: Was finden Sie eigentlich so interessant an ihr?

Flemming: Sie hatte einfach ein Leben, das exemplarisch für das 20. Jahrhundert steht. Sie wurde in Chemnitz geboren, so wie ich auch, und musste aber bereits im Alter von zehn Jahren vor den Nazis aus Deutschland fliehen. Sie lebte zunächst in Rumänien, ging dann in der Schweiz auf eine katholische Schule und wanderte als junge Frau nach England aus, um bei der Royal Air Force zu dienen. Sie wollte als Jüdin gegen Hitler kämpfen und so ihren Anteil gegen den Hitler-Faschismus geben. Dort hat Lee Leder Guttman dann auch ihren Mann kennengelernt, mit dem sie schließlich gemeinsam in die USA ging. Sie hat schon immer gezeichnet, begann dort aber erst professionell als Inkerin bei den großen Studios für Trickfilme wie Warner Bros. zu arbeiten.

taz: Inker und Inkerinnen zeichnen die Bleistift-Vorlagen für die Trickfilmfiguren, oder?

Vortrag und Gespräch „Ein gezeichnetes Leben: Die Künstlerin Lee Leder Guttman“: Do, 20.2., 19 Uhr, Freiraum im Museum für Kunst und Gewerbe, Steintorplatz 1, Hamburg, Anmeldung über info@salonamgrindel.de

Flemming: Genau. Lee Leder Guttman zeichnete beispielsweise mit an Bugs Bunny und den Looney Tunes.

taz: Hatte Guttman es dort als Frau denn besonders schwer?

Antje Flemming: Sie war zwar Künstlerin, ist aber nie als Künstlerin richtig bekannt geworden. Damals, in den 1950er- und 60er-Jahren war einfach nicht die Zeit, in der sich Frauen wirklich künstlerisch emanzipieren konnten. Sie hat immer eher an den Werken anderer Menschen mitgearbeitet, um Geld zu verdienen.

taz: Sollte sie bekannter sein?

Credit: Heike Blenk

Antje FlemmingJahrgang 1974, arbeitet als Literaturreferentin der Kulturbehörde in Hamburg,.

Flemming: Ich finde das schon. Bei der Vorbereitung der Ausstellung über sie, die ich bereits im vergangenen Jahr mit organisiert habe, habe ich auch viele ihrer frühen Werke zum ersten Mal gesehen. Die sind wahnsinnig scharf beobachtet und unglaublich witzig. Die gehen in so eine Wilhelm-Busch-Richtung. Lee Leder Guttman gehörte zu den Karikaturistinnen, die Menschen aufs Korn nehmen. Und in einer anderen Zeit hätte sie bestimmt eine ganz andere Aufmerksamkeit bekommen.

taz: Dank der Illustratorin Stephanie Brittnacher wird Lee Leder Guttmans Leben jetzt für die Ausstellung selber in Bildern festgehalten. Glauben Sie, dass ihr das gefallen hätte?

Flemming:Das haben wir uns letztes Jahr bei der Organisation der Veranstaltung auch schon oft gefragt. Eigentlich war sie, glaube ich, gar nicht so unzufrieden mit ihrer Position oder hat vielleicht auch gar nicht so darüber nachgedacht, ob sie Karriere machen will. Sie hatte bei Disney schon auch mal eine Ausstellung, hat sich später dann aber vor allem auf die Lehre gestürzt, um junge Zeichnerinnen und Zeichner zu unterstützen. Trotzdem denke ich, sie wäre schon sehr stolz gewesen, dass man sich jetzt so mit ihr beschäftigt und ich glaube, es hätte ihr sehr gut gefallen.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen