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das wird„Jean-Luc Godard war ein demokratischer Künstler“

Das filmische Oeuvre, seine Folgen und seine Vorläufer: Anlässlich des ersten Todestages ehrt das Metropolis-Kino Hamburg den französischen Jahrhundertregisseur Jean-Luc Godard

Interview Wilfried Hippen

taz: Frau David, was kann man heute von Jean-Luc Godard lernen?

Nathalie David: Godard hat keine festen Drehbücher gehabt, sondern die Filme zusammen mit den Leuten im Team erarbeitet. Er war ein demokratischer Künstler, der sich nicht umsonst für den Kommunismus interessierte. Er war ein Utopist, und gerade jetzt, wenn es scheint, dass alles den Bach runtergeht, brauchen wir solche Typen, die uns helfen, weiter zu produzieren und weiter zu kreieren.

Sie zeigen als Kuratorin der Retrospektive nicht nur seine eigenen Werke, sondern auch Spielfilme, die ihn beeinflusst haben und von Regisseuren, die durch ihn beeinflusst wurden...

Genau, ich würde die Reihe auch lieber eine Hommage nennen. Wir wollen viele kleine Akzente setzen, und haben dafür seine eigenen Filme in die Mitte gestellt – zwischen Filmen, auf die er reagiert hat und Filmen, in denen andere auf ihn reagiert haben. So zeigen wir am 28.5. den ersten Film von Martin Scorsese, „Who’s That Knocking at My Door?“, weil es darin viele Bezüge zu Filmen von Godard gibt.

Die Reihe beginnt am Mittwoch mit „Außer Atem“. Aber sonst zeigen Sie im Mai ältere Filme wie „Scarface“ von Howard Hawks oder „The Harder They Fall“ mit Humphrey Bogard. Warum?

Foto: privat

Nathalie David

ist Film- und Hörspiel-Regisseurin.

Wir wollten erst einmal die Wurzeln von Godards Werk zeigen und außerdem versuchen wir die Chronologie zu erhalten. Es gibt drei Perioden bei seinen Kinofilmen: Nach der Nouvelle Vague kam seine maoistische Phase mit politischen Filmen, und nach „Weekend“ hat er zehn Jahre nur Fernsehen gemacht, weil er meinte, das Ende des Kinos erreicht zu haben. Er glaubte, alles schon ausprobiert zu haben.

Doch in den 1980ern kam er zurück und machte Filme, die dann immer weniger Leute verstanden haben.

Genau, da wurde es dann schwierig für das Publikum und da werden dann auch wir im Metropolis leiden. Aber ich werde bei den meisten dieser Filme Einführungen geben. Wenn man ein bisschen erklärt, öffnen sich Türen. Dann können die Leute viel besser damit umgehen.

Wie erklären Sie sich diese Spätphase mit einem sehr hermetischen Kino?

„Godard est mort, vive Godard!“, Re­trospektive im Metropolis Hamburg, vom 17. 5. bis 23. 9. Start: „A bout de souffle“ (Außer Atem), OmU, mit Einführung, 17. 5., 19 Uhr und 27. 5., 19.45 Uhr. „Scarface“ von Howard Hawks, 17. und 22. 5., jeweils 21.15 Uhr

Für mich wird Godard da zu einem Forscher über das Medium Kino. Er untersuchte nicht nur die Geschichte des Kinos, sondern zum Beispiel auch, wie man in einem Film mit verschiedenen Genres arbeiten kann.

Warum sind Sie persönlich so an Godard interessiert?

Als ich Studentin war, hat mich Godard sehr beeinflusst. Ich zeige zum Beispiel an seinem Todestag, dem 13. September, seinen Film „Die Verachtung“. Den habe ich damals in einer kleinen Retrospektive im Metropolis gesehen. Ich hatte da gerade einen neuen Walkman mit dem man auch Aufnahmen machen konnte. Damit habe ich den Ton vom Film aufgenommen und ihn so zu Hause in meiner Küche auswendig gelernt. Ich wusste genau, wann die Musik kam, die Dialoge und Geräusche, und das hat auf meine eigene Arbeit als Filmemacherin eine große Wirkung gehabt.

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