das portrait: Rodrigo Zalazarbelebt den Angriffsfußball von St. Pauli
Wenn in der sechsten und letzten Minute der Nachspielzeit nach dem Elfmeterpfiff kein nervenstarker Routinier zum Strafstoß antritt, sondern ein gerade 21-Jähriger, dann sagt das viel. Viel darüber, dass der Trainer auf die Jugend setzt und ihr Verantwortung gibt.
Rodrigo Zalazar, der beim Gastspiel des FC St. Pauli bei Darmstadt 98 in allerletzter Sekunde den umstrittenen Elfmeter zum glücklichen 2:2-Ausgleich verwandelte, ist einer der „jungen Wilden“ die seit Saisonbeginn das Gerüst der runderneuerten Offensivabteilung des FC St. Pauli stellen – neben den Eigengewächsen Finn Ole Becker (20) und Jannes Wieckhoff (20), sowie den Neuverpflichtungen Lukas Daschner (22) und Daniel Kofi Kyereh (24).
Die sollen – so will es Trainer Timo Schulz, selbst Trainerneuling im Profifußball – Powerfußball spielen, mit Lust, Leidenschaft und totalem Einsatz. Und sie dürfen dabei Fehler machen. Da sie sich an die Devise ihres Coachs halten, fallen vorn wie auch hinten derzeit viele Tore, wenn das Hamburger Team den Platz betritt, schon dreimal vier und einmal gar sechs an den ersten fünf Spieltagen.
Der Wildeste unter den Jungen aber ist Zalazar. Der 21-Jährige mit spanischem und uruguayischem Pass ist von Eintracht Frankfurt für eine Saison ausgeliehen und schickt sich an, der neue Liebling der Fans zu werden. Die „Wundertüte“, wie Schulz seine neue Schaltstation im offensiven Mittelfeld nennt, ist aufgrund eines immensen Laufpensums fast überall, nicht nur zweikampfstark und technisch versiert, sondern auch unberechenbar in seinen Aktionen.
Dass der uruguayische U20-Nationalspieler auch vom Elfmeterpunkt Verantwortung übernimmt und auch – wie vergangenen Montag gegen Nürnberg – sicher verwandelt, verweist auf sein ausgeprägtes Selbstbewusstsein. Das wird er auch brauchen, wenn sein Team – das in fünf Spielen nur einmal verlor und im vorderen Mittelfeld der Tabelle steht – am kommenden Freitag zum Lokalderby beim Tabellenführer, dem HSV, antritt. Marco Carini
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