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das portraitAuf der Balkanroute unterstützt Christin StühlenMenschen auf der Flucht

Christin Stühlen sorgt für das tägliche Brot der Menschen, die sich auf der Balkanroute auf der Flucht befinden. Eine „Helferin“ aber will sie nicht sein. „Helfen“, das beinhalte eine ungute Asymmetrie zwischen passiv Leidenden und Helfenden, erklärt die Kölnerin mit einer ruhigen, rauen Stimme am Telefon. Und wenn die Initiative Balkanbrücke, in der Stühlen sich engagiert, auch praktische Unterstützung für auf der Flucht in Bosnien gestrandete Menschen leistet – Christin Stühlens Ziele sind politisch.

Dass Innenminister Seehofer Ende Juli in Wien Abschiebungen und verstärkte Grenzsicherung als Antwort auf die Elendssituation an der sogenannten Balkanroute präsentierte, ist für Stühlen inakzeptabel. „Während der deutschen Ratspräsidentschaft sollte endlich Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten an den EU-Außengrenzen übernommen werden“, fordert die Studentin der Friedens- und Konfliktforschung. Und: „Die Kriminalisierung der zivilgesellschaftlichen Unterstützung muss aufhören.“

Stühlen ist auch in der Seebrückenbewegung aktiv, seit Anfang des Jahres konzentriert sich die Aktivistin aber auf die oft übersehene Verelendung von Menschen an der bosnisch-kroatischen Grenze. Den Februar verbrachte sie in Velika Kladuša, wo Tausende auf Einlass in die EU warten. „Im Mittelmeer ertrinken die Menschen“, sagt die 27-Jährige. „In Bosnien aber sehen wir einen langsamen Prozess der Entmenschlichung. Bis dahin, dass sich die Leute nur noch als Migrant*innen, nicht mehr als Menschen begreifen.“

Die Lager seien überfüllt, die in Zelten Lebenden litten unter Hitze oder Frost, die Versorgung mit Lebensmitteln sei nicht gewährleistet und die kroatische Grenzpolizei gewalttätig. „Unsere Aufgabe ist, diese Situation öffentlich zu machen und zu unterstützen, wo die Menschen auf der Flucht und die lokalen Unterstützer*innen das möchten.“ Dafür werben einige in der Balkanbrücke um Geld, Christin Stühlen wiederum organisiert Nahrungsmittelmarken für die umliegenden Supermärkte.

In einer größeren Organisation der humanitären Hilfe zu arbeiten, wie sie das einmal wollte, ist nach ihren Erfahrungen in Bosnien und im „Dschungel“ der französischen Grenzstadt Calais keine Option mehr für Stühlen. „Man tut, als würde man helfen. Aber den Wohnort zu wechseln ist schlicht ein Recht, das jeder hat, und das verteidigen die nicht.“ Dass sie durch ihr Engagement zwar neue Sprachen lernt, aber keine Münze macht, nimmt Stühlen in Kauf. „Ich möchte eine Arbeit machen, die mir wichtig ist, und das vom Geld eher getrennt halten. Ich werde nebenbei in der Wissenschaft oder weiter in der Gastronomie arbeiten.“ Ihre lange Erfahrung in der Gastwirtschaft war auch der Einstieg in den Aktivismus. „Im Lager von Calais gibt es eine offene Küche und ich dachte: das kann ich, da kann ich anpacken.“

Infos aus und zu den sozialen Bewegungen finden Sie auf taz.de/bewegung

Stefan Hunglinger

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