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das portraitDer Naivling: Bernd Scholz-Reiter

Muss Veröffentlichungen in unseriösen Verlagen erklären: Bremens Uni-Rektor Bernd Scholz-Reiter Foto: Universität Bremen

Während andere noch fluchend nach einem Parkplatz für ihr Auto suchen, weilt er schon entspannt im Besprechungszimmer, den Fahrradhelm noch unterm Arm: Bernd Scholz-Reiter, seit 2012 Rektor der Universität Bremen, ist unprätentiös jemand, der für seine Ideen ein- und mitzunehmen weiß. Gilt als Team­player. Als Professor für Industrielle Informations- und Produktionstechnik scheint er aber nicht recht firm mit dem Online-Teamplaying, das in Foren von Wissenschaftlern und Studenten über sogenannte „Raubverlage“ aufklärt.

2009 bis 2014 soll Scholz-Reiter nach Angaben von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung mindestens 13 Mal in scheinwissenschaftlichen Verlagen veröffentlicht haben. Seit vorgestern wird er öffentlich mit „erheblichen Zweifeln“ an seiner einstigen Publikationspraxis zitiert. Eine Universitätsmitteilung warnt jetzt vor unseriösen Verlagen, die Studien ohne nennenswerte Prüfung der Inhalte in online verfügbaren Fachjournalen herausgeben und damit das Siegel der Wissenschaftlichkeit verleihen sollen. Wer zahle, dürfe veröffentlichen, was er wolle, so wird berichtet. Und Wissenschaftler zahlen mit Steuergeldern. Ein doppelter Skandal also. Naiv genug gewesen zu sein, mit 5.000 weiteren Kollegen dort mitgemacht zu haben, muss Scholz-Reiter sich nun vorwerfen lassen.

Einst forschte der 61-Jährige zu Themen wie die „Entwicklung von Prognoseverfahren für die Produktionsprogrammplanung auf Basis von Vorhersagemodellen der Nichtlinearen Dynamik“, nun hat er die Uni in Sachen Drittmittelförderung auf den 17. Rang unter 430 deutschen Hochschulen geführt. Allerdings verlor sie den Exzellenz-Titel für Spitzenforschung: Scholz-Reiters bisher größte Niederlage, die er mit einem Strategiepapier zur Wiedergewinnung des Prestige-Titels beantwortete.

Außerdem treibt er als Informatiker die Digitalisierung von Forschung und Lehre voran, wirbt für mehr ausländische Studenten und Englisch als Sprache der ersten Semester – ambitionierte Projekte für einen ambitionierten Radfahrer, Wissenschaftsförderer und geläuterten Naivling. Jens Fischer

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