piwik no script img

das ding, das kommtBehältnis vom Band

Konsum-Kunst: Andy Warhols „Campbell’s Chicken with Rice Soup“ (1964) ist eine geadelte Konserven-dose Foto: dpa

Wie an so vielem anderen auch: Napoleon ist schuld. Weil der eine Möglichkeit suchte, Vorräte auf Feldzügen mitzuführen, lobte er 1795 einen Preis in Höhe von 12.000 Goldfranken aus – für eine zuverlässige Konservierungsmethode. In der Folge entwickelte der Pariser Zuckerbäcker Nicolas Appert einen Weg, Obst und Gemüse langfristig aufzubewahren: Er füllte sie in Gläser, die dann erhitzt und luftdicht verschlossen wurden – die Sterilisation.

Den Schritt zum entschieden feldzugtauglicheren Metall ließ sich 1810 ausgerechnet ein Brite patentieren: Peter Durand. Es folgten gewisse Anfangsschwierigkeiten: Wer frühe Formen des Behältnisses öffnen wollte, musste richtiges Werkzeug nutzen (oder auch das Bajonett); nordamerikanische Hausfrauen sollen auch darauf gekommen sein, die Deckel-Dosen-Fuge mit dem Bügeleisen zu erweichen. Bloß war das zum Deckelanbringen benutzte Blei alles andere als gesund. Der Dosenöffner aber wurde erst rund 50 Jahre später erfunden.

Beinahe ein Jahrhundert dauerte es, bis die Konservendose ein billig herzustellender Massenartikel geworden war: Im Jahr 1900 dann verließen aber allein in den USA – zugegeben: dem Mutterland des kostengünstig seriell Hergestellten – 700 Millionen Dosen, man möchte annehmen: irgendwelche Fließbänder. Endgültig zum Erfolg machte den Weißblechzylinder dann die Idee, nicht Gemüse oder Obst reinzutun, sondern – Getränke.

Das betont Billige aber hilft zur Erklärung zweier markanter – wenn man so will – Zweckentfremdungen: Als Andy Wahrhol sich die Produkte eines Suppenherstellers für seine Pop-Art vornahm, bestand der Reiz ja einerseits darin, dass solche banalen Alltäglichkeiten lange Zeit als Kunst-Objekte überhaupt nicht infrage gekommen wären. Und die arbeitsteilige, keine Unikate ausspuckende Produktion in Warhols, tja, Factory genanten Ateliers? Maximal inspiriert vom zeitgenössischen Fließband-Kapitalismus.

Und: Wären die Dosen teuer geblieben, weil selten: Sie hätten nie Karriere gemacht als Jahrmarkt-Attraktion der etwas lahmen Art (angesichts heutiger Attraktionen): Das Dosenwerfen – respektive sein direkter Vorläufer, der Wurf auf leere Kokosnussschalen – ist ziemlich exakt so alt wie die Massenbüchse. Alexander Diehl

NDR-Sommertour mit Blechdosenwerfen-Stadtwette: Sa, 17. 8., Amt Süderbrarup, Marktplatz

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen