das detail: Identität, die
Hat es je schon einmal eine solche Abstiegsfeier in der Geschichte der Fußball-Bundesliga gegeben? Es war ein ganz großer Moment am Samstagnachmittag in der Vereinsgeschichte des VfL Bochums. Nach der 1:4-Heimniederlage stand der siebte Abstieg aus der Fußball-Bundesliga fest und die Fans zeigten ihrem Team nach dem Schlusspfiff lautstark und ausdauernd ihre unendliche Zuneigung. Selbst die Gäste aus Mainz bekannten in Interviews, von der Atmosphäre völlig überwältigt gewesen zu sein. Bochums Trainer Dieter Hecking erklärte dem eigenen Anhang huldvoll: „Vor euch verneige ich mich, vor dem ganzen Publikum im Stadion – Chapeau.“ Wer all dies beobachtete, musste unweigerlich zu dem Schluss kommen, dass in Bochum Niederlagen und Abstiege inzwischen identitätsstiftender wirken als alles andere. Leid verbindet. Der immer ungleicher werdende Wettbewerb der Fußball-Bundesliga, der die erfolgreichen Klubs mit immer mehr Geld überschüttet, führt offenkundig auch dazu, dass die Fans im Misserfolgsfall ihren Zorn nicht mehr aufs eigene Team richten. Früher oder später sind Abstiege für die wenigen Teams, die dafür überhaupt noch infrage kommen, einfach unvermeidlich. In Bochum haben selbst die Fans erkannt, dass mit diesem dürftig besetzten Kader nicht viel mehr möglich gewesen ist. In früheren Jahren hätten sie vermutlich noch in Richtung der eigenen Spieler skandiert: „Wir sind Bochumer und ihr nicht.“ Auch in Kiel verabschiedete das Publikum das eigene Team nach der Niederlage gegen Freiburg mit Standing Ovations in die Zweite Liga. Ein neuer Trend? (jok)
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