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corona in hamburg„Seeleute sind systemrelevant“

Der Seemanns­club Duckdalben im Hafen ist 364 Tage im Jahr für Seeleute geöffnet. Infos: duckdalben.de

Interview Knut Henkel

taz: Herr Oltmanns, zum ersten Mal in 33 Jahren ist Hamburgs internationaler Seemanns­club, der Duckdalben, dicht. Was heißt das für die Seeleute?

Jan Oltmanns: De facto dürfen die Seeleute derzeit nicht mehr von Bord. Das ist schlimmer als Knast und wenn ihnen dann auch noch die Telefonkarten ausgehen, dann macht sich Hoffnungslosigkeit breit. Das kriegen wir an der Gangway schon mit. Die Seeleute sind einerseits erleichtert uns zu sehen, auf der anderen Seite ärgern sie sich darüber, dass sie nirgendwo als wichtige Servicekräfte in der Coronakrise anerkannt werden. Sie fühlen sich und ihre Nöte nicht ernst genommen.

Wurden sie schlicht vergessen?

Ja, weil sie in der öffentlichen Wahrnehmung keine Rolle spielen. Seeleute sind absolut systemrelevant, von ihnen geht keine Infektionsgefahr aus, denn die meisten haben lange Reisen über mehrere Wochen hinter sich. Wer dann auf See nicht krank wird, ist kein Infektionsrisiko.

Zu Beginn der Pandemie war der Duckdalben noch für eine reduzierte Besucherzahl geöffnet. Wäre es vertretbar, in diesen Modus zurückzukehren?

Ich denke ja, denn wir haben relativ große Flächen, können für Abstand sorgen. Sie können es sich nicht vorstellen, wie wichtig es ist nach Wochen an Bord mal andere Gesichter, andere Räume zu sehen. Das Gros der Seeleute ist Monate auf See, es gibt Schwierigkeiten, die Crews zu wechseln, und wenn dann noch der Kontakt nach Hause abreißt, weil die Telefonkarten alle sind...

Die Seeleute können beim Duckdalben online bestellen, das Team liefert direkt an die Gangway. Was ist besonders gefragt?

Nach den Telefonkarten vor allem Schokolade, Schweinekrusten, Chips und Co. sowie Suppen und hin und wieder ein Kasten Bier.

Daniel Bockwoldt/dpa

Jan Oltmanns,62, ist Seemannsdiakon und gemeinsam mit Kollegin Anke Wibel Leiter des Duckdalbens.

Was können Sie den Crews im Notbetrieb noch bieten?

Wir sind in Kurzarbeit, arbeiten nur noch von 10 bis 18 Uhr. In dieser Zeit fahren wir täglich rund ein Dutzend Schiffe an. Vor zwei Wochen haben wir unsere abhörsichere Chatplattform „DSM Cares“ freigeschaltet, wo wir mit Rat und Tat zur Verfügung stehen. So ist zumindest etwas Seelsorge möglich. Zudem helfen wir in Not geratenen Seeleuten mit Spenden.

Wo ist die Situation besonders schwierig?

Auf den Philippinen. Von dort kommen viele Seeleute und dort hängen ganze Crews und Einzelne fest. Sie kommen aus Manila aufgrund der Ausgangs- und Reisebeschränkungen nicht weiter in ihre Heimatregionen und umgekehrt. Wenn dann das Geld ausgeht, wird gehungert. Da versuchen wir zu helfen – durch Spenden, durch Kontakte an andere Organisationen mit Notfonds wie die Gewerkschaften.

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