bundeswehr im einsatz: Die Fähigkeit zur Differenzierung
Möglicherweise kommt es niemals zu einem deutschen Militäreinsatz im Zusammenhang mit dem Kampf gegen den Terrorismus. Dennoch wird darüber so erbittert gestritten, dass sogar von einem drohenden Bruch der rot-grünen Regierungskoalition die Rede ist. Es erscheint zunächst paradox, wenn zeitgleich eine konkrete Nato-Operation ohne UN-Mandat, die unter deutscher Leitung außerhalb des Bündnisgebiets stattfinden soll, fast beiläufig durchgewinkt wird. Die Mission in Mazedonien ist nicht einmal bei grünen Gegnern einer Militarisierung der Außenpolitik auf größeren Widerstand gestoßen.
Kommentarvon BETTINA GAUS
Der scheinbare Widerspruch ist jedoch lediglich ein ermutigender Hinweis darauf, dass die Fähigkeit zur Differenzierung auch in diesen aufgeregten Zeiten nicht ganz verloren gegangen ist. Die Nato-Operation in Mazedonien ist völkerrechtlich unbedenklich und im Gegensatz zur früheren auch von der UNO abgesegnet. Dies hat es manchen Gegnern der letzten Mission leichter gemacht, ihren Widerstand aufzugeben. Darüber hinaus droht ohne bewaffnete ausländische Präsenz auch weiterhin der offene Bürgerkrieg. Die Nato und insbesondere die USA tragen eine Mitschuld daran, dass es so weit kommen konnte. Aber wenn ein Kind erst einmal im Brunnen liegt, ist es wenig sinnvoll, vor der Rettung darüber zu diskutieren, wer es hineingestoßen hat.
Die Nato-Mission in Mazedonien ist unvermeidlich. Naiv aber wäre die Annahme, dass sich diese Operation losgelöst vom „Krieg“ gegen den Terror betrachten lässt, den die USA ausgerufen haben. So ist es durchaus möglich, dass die Vereinigten Staaten ihre bislang freundliche Haltung den albanischen Rebellen gegenüber ändern, denen ja auch Kontakte zu Islamisten und sogar zu Ussama Bin Laden selbst nachgesagt werden. Das könnte zu Auseinandersetzungen im Kosovo führen, die auf Mazedonien nicht ohne Einfluss blieben. Der Auftrag an die Bundeswehr ist durch die globale Entwicklung nicht einfacher geworden.
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