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Archiv-Artikel

bürgerversicherung Eine Steuer für den Wahlkampf

Endlich liegt er auf dem Tisch, der SPD-Vorschlag zur Bürgerversicherung: Nicht Beiträge auf Kapitaleinkünfte, sondern höhere Steuern auf Kapitaleinkünfte. Huch? War das nicht ein Vorschlag der Christdemokraten, dass man mit Steuern das Soziale bei der Gesundheit finanzieren sollte?

KOMMENTAR VON ULRIKE WINKELMANN

Es waren doch die Linken, die Bürgerversicherer, die immer sagten: Die Deutschen haben ein so großes Vertrauen in das Gesundheitssystem, weil sie wissen, dass die Beiträge in die Kassen und von den Kassen in die Medizin gehen. Und zwischendurch greift da keine kurzsichtige Politik ein. Kein gieriger Finanzminister versucht, sich zu bedienen, kein Bundestag beschließt, den Etat umzuschichten. Dieses Argument ist jetzt offenbar passé. Der Finanzminister soll da, wo die Dividenden und Zinseinkünfte entstehen, für die Gesundheit hinlangen.

Dieser Vorschlag der SPD-Arbeitsgruppe zur Bürgerversicherung kommt bei den rot-grünen Spitzen so gut an, dass sich gestern sogar diejenigen damit zitieren ließen, die bislang kein großes Interesse an der Bürgerversicherung hatten – so auch Gesundheitsministerin Ulla Schmidt.

Das stimmt misstrauisch. Denn Schmidt sagt: bis 2006 gibt es sowieso kein Gesetz zur Bürgerversicherung. Die SPD-Spitze, so heißt es, will erst einmal ein Jahr diskutieren und erst im November 2005 dem SPD-Parteitag ein Konzept zur Abstimmung vorlegen. Und das, obwohl schon im November 2003 ein Parteitag für die Bürgerversicherung stimmte.

Die neue Begeisterung für einen Steuertransfer in Kombination mit der bekannten Trägheit, Beschlüsse zu produzieren, lässt eigentlich nur eine Interpretation zu: Ulla Schmidt und die SPD-Spitze halten den Vorschlag der Arbeitsgruppe für prima geeignet, mit der Bürgerversicherung ein bisschen Wahlkampf zu machen und sie dann zu beerdigen. Denn die Debatte um die Bürgerversicherung wird da ansetzen, wo Finanzminister Hans Eichel gerade erst aufgehört hat: Wie bewegen wir die Leute mit viel Kapital dazu, von ihren Erträgen wirklich Steuern zu bezahlen? Wie wenig erfolgreich die Sozialdemokraten bislang damit waren, reichen Leuten Geld wegzunehmen, ist ja hinlänglich bekannt.

Die Bürgerversicherung aber hat nur eine Chance, wenn Hans Eichel selbst die Bürgerversicherung als neue Möglichkeit entdeckt, den Reichen auf die Pelle zu rücken.