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O-Bus statt Tram

Fahrradfahrendes Mädchen von Tram überrollt, Berlin, 12. 6. 2018

Was soll noch alles passieren, bis auch die Berliner erkennen, dass die Tram nicht mehr zeitgemäß ist! Eine Tram hat einen langen Bremsweg und im Gefahrenmoment kann sie nicht ausweichen! Gäbe es statt der Straßenbahn einen O-Bus, so wäre das junge Mädel noch am Leben. Der O-Bus wäre schneller zum Halt gekommen und hätte vor allem ausweichen können. Überdies benötigen O-Busse keine Schienen, die für Fußgänger, Radfahrer und Motorroller immer ein Gefahrenmoment darstellen. Anita Schöttli, Berlin (früher Zürich)

„Weil ich das sage!“

„AfD dankt Polizei“, taz vom 11. 6. 2018

Das Gesamtverhalten der StaatsgewalttäterInnen aus den diversen Bundesländern und die offensichtlich angeordnete Strategie bei dem „Frauenmarsch“ stellt einen so nennenswerten weiteren Schritt auf dem Weg hin zu einem autoritären Repressionsstaat dar, dass dies einer ausführlicheren Berichterstattung bedürfte.

Selbstverständlich ist es die Aufgabe der Polizei, eine angemeldete und nicht gerichtlich verbotene Demonstration und den Zug über die angemeldete Wegstrecke zu ermöglichen, fraglich ist allerdings im Sinne einer Verhältnismäßigkeit, wie drastisch die daraus resultierenden Einschränkungen der elementaren Freiheiten aller anderen BürgerInnen sind. Die Polizei hat vom Mehringplatz aus entlang der gesamten Friedrichstraße bis zu den Linden und dann zum Kanzlerinnenamt durch den Einsatz zahlreicher Mannschaftswagen, vieler Hamburger Gitter und einer jeden Polizeistaats würdigen immensen Anzahl von Einsatzkräften auch alle Querstraßen und zwischenzeitlich sogar die Parallelstraßen abgesperrt und somit faktisch einen ganzen Stadtteil zum Sperrgebiet erklärt, um geschätzt 300 Personen ihren Aufzug zu ermöglichen.

Wesentlich gravierender war aber die vielfach zu beobachtende Handlungspraxis der an der Strecke und in ihrem Umfeld eingesetzten StaatsgewalttäterInnen, die in zahlreichen Fällen bereits Stunden vor dem Beginn des „Frauenmarschs“ zahlreiche Menschen allein deswegen Personenkontrollen unterzogen oder mit Platzverweisen belegt haben, weil sie ihrer eigenen Aussage nach diese für „links“ hielten. Ein begründeter Verdacht auf eine von diesen Menschen ausgehende Gefahr wurde von den Einsatzkräften dabei im Widerspruch zur Berliner Gesetzeslage nicht für erforderlich angesehen. Besonders bizarr und beängstigend wurde dies unter anderem, wenn BFE-Einheiten aus dem ländlichen Raum Baden-Württembergs oder Einsatzhundertschaften aus Bayern schwer bewaffnet ihre Deutungshoheit über die Äußerlichkeit „Linker“ in diesen Teilen Berlins durchsetzten.

Als Begründung für die Repressionsmaßnahmen und die Androhung von Ingewahrsamnahmen musste in den meisten Fällen die aus autoritären Kontexten wohlbekannte Aussage „Weil ich das sage!“ herhalten. Das sofort aggressive Verhalten vieler Einsatzkräfte gegenüber von ihnen als „Linke“ Angesehenen ließ den Eindruck entstehen, schwer bewaffneten WutbürgerInnen in Uniform gegenüberzustehen.

taz.die tageszeitung Rudi-Dutschke-Str. 23 10969 Berlin briefe@taz.de www.taz.de

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Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Dass auch die Presseabteilung der Berliner Polizei das Einkassieren von „Nazis – nein danke“-Fahnen der Grünen Jugend öffentlich damit erklärt, das Zeigen solcher Fahnen in der Nähe des „Frauenmarschs“ stelle eine Provokation dar, kann nur noch fassungslos machen. Beim nächsten Aufzug der Rechten steht dann wohl zu erwarten, dass die Staatsgewalt präventiv alle nach den Vorstellungen der RassistInnen nicht deutsch oder nicht christlich genug aussehenden Menschen aus dem Umfeld entfernen werden, schließlich könnte ihre Existenz als Provokation aufgefasst werden.

Das Publikum, das Versuche unternommen hat, in unmittelbarer Nähe der Aufzugsstrecke Widerspruch gegen den „Frauenmarsch“ zu artikulieren, war in keiner Weise von einem demonstrativ militanten oder organisierten Auftreten geprägt, in den allermeisten Fällen wurden die Menschen bereits von der Strecke und dem Umfeld vertrieben und mit Platzverweisen überzogen, wenn nur zwei zusammenstanden, eine von den gewaltigen Massen an Einsatzkräften nicht mehr zu kontrollierende Anzahl von Personen ist an keiner Stelle zusammengekommen.

Hundertschaften aus Berlin, Bayern, Sachsen-Anhalt, NRW, Baden-Württemberg und von der Bundespolizei waren im Einsatz, insgesamt kann realistisch von einem Personalschlüssel von einer Einsatzkraft pro zwei eventuell Protestierenden ausgegangen werden, zusätzlich wurde der Aufzug der RechtspopulistInnen und Rechtsradikalen von mindestens einer weiteren Hundertschaft abgesichert. Wie arm und widerwärtig ist ein sich so nennender Rechtsstaat, wenn ein solcher Personalschlüssel im Sinne einer Repression gewährleistet wird und dabei noch ständig Klagen darüber erklingen, dass die Berliner Polizei unter Personalmangel leide? Wie arm und widerwärtig ist er, wenn dieser Personalschlüssel verglichen wird mit dem in Institutionen der Fürsorge, der Bildung und der Prävention? Hätten Kitas und Schulen, Jugendämter und soziale Kiezzentren, Therapieeinrichtungen und Krankenhäuser solche Mengen an Personal zur Betreuung zur Verfügung, könnte mittel- bis langfristig glatt wieder die Hoffnung aufkommen, dass die Menschenwürde unabhängig von irgendwelchen individuellen Merkmalen tatsächlich im gesellschaftlichen Konsens und in der gesellschaftlichen Praxis als höchstes zu schützendes Gut angesehen wird. Tom Pitt, Berlin

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