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brief des tages

Drastische Maßnahmen

„Coronavirus auf Weltreise“, taz vom 26. 2. 20

Das Coronavirus ist ein Wis­sen­schafts­pro­blem: Wir wissen zu viel darüber. In der Geschichte hat es viele Virussorten gegeben, die nacheinander die Menschheit heimsuchten, aber da man nichts über sie wusste, wurden sie als Schicksal hingenommen. Für gesunde Betrof­fene geht eine Infektion entweder ohne Symp­tome oder nur mit Schnupfen und Husten einher. Wir erleben ein Missverhältnis zwischen der erwarteten gesundheitlichen Gefährdung und den drastischen Maßnahmen gegen die Ansteckung. Welch ein Schaden würde entstehen, wenn sich das Virus unbegrenzt verbreitete? Sterben würden alte und geschwächte Personen, denen es eigentlich egal sein könnte, welches Virus sie aufschnappen. Aber weil wir genau wissen, an welchem Virus sie sterben werden, gilt es als unethisch, dessen Verbreitung zuzulassen. Es ist ein moralisches Dilem­ma: Entweder wir lassen die Dinge laufen und nehmen den Tod eines Teils der Infizierten als unvermeidlich hin, oder aber wir schränken das Recht der Freizü­gig­keit ein um einer Kon­trolle willen, die sich am Ende als ineffektiv erweisen wird.

Gerd Büntzly, Herford

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