piwik no script img

brief des tages

Prinzessin von „Nüscht“?

„Man schweigt den Schmerz weg“,

taz vom 2. 11. 19

Dem Sportsystem der DDR verdankt die ehemalige Eisprinzessin Katarina Witt alles. Dass anderen vorgeschrieben wurde, was sie lernen, studieren sollten, findet sie „schlimm“. Zu den drei „Bs“ (Bautzen, Bützow, Brandenburg), von den Hinrichtungsstätten Dresden und Leipzig gar nicht erst zu sprechen – fällt ihr auch im Nachhinein „nüscht“ ein. Auch „nüscht“ zu den in die Abertausende gehenden Inoffiziellen Mitarbeitern. „Nüscht“ zur evangelischen „Kirche im Sozialismus“, „nüscht“ zu Infiltrierungsmaßnahmen der Stasi noch 1989. Man muss nicht in einem Ort zwischen Karl-Marx-Stadt und Rostock gelebt haben, um die DDR zu sehen, wie sie eben auch war. Wenn heute Tupoka Ogette als schwarze Frau sagt, sie werde immer noch überall „geandert“, dann gilt das nicht nur für Berlin, sondern könnte auch für Dortmund zutreffen. Wir stehen am Gedenktag zum Fall der einen Mauer weiterhin vor anderen Wänden. Brandenburg, Sachsen und Thüringen sind nicht die einzigen Indikatoren. Wer allerdings zu den gravierenden Systemunterschieden „nüscht“ zu sagen hat, mauert in gewisser Weise mit.

Werner Kaltefleiter, Wiesbaden

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen