brief des tages:
Libanon: Noch ein Traum?
„Sozialproteste im Libanon: Gegen die Korruption vereint“, taz vom 21. 10. 19
Hätte jemand mir noch vor wenigen Wochen gesagt, es werde der Tag kommen, an dem Libanesen verschiedenster Konfessionen ihre Angst überwinden, auf die Straße gehen und ihre Stimme gegen die korrupten, dreisten und unersättlichen Politiker erheben, sich weder vor Milizen noch vor Schlägertrupps fürchten, im sunnitischen nordlibanesischen Tripoli für das schiitische Sour im Süden singen, im christlichen Beiruter Viertel Achrafiye Liebesgrüße an die Drusen in den Bergen richten – ich hätte mein Gegenüber für nicht zurechnungsfähig erklärt. Jedes Mal wurden die Anfänge solcher Bewegungen im Keim erstickt. Die Loyalität zu den Anführern hat am Ende die Oberhand gewonnen. Das Appellieren an niedrigste, sektiererische Instinkte hat sich immer wieder durchgesetzt. Nun scheint ein Traum wahr zu werden. Aber es kann noch vieles passieren. Die größte Gefahr stellt die stärkste Armee im Land, die Hisbollah, dar, die einen Teufel tun wird, die Macht an das Volk zu übergeben. Dennoch: Diese Revolution, die kleine Schwester ihres Vorbilds in Syrien, lehrt uns alle, was es bedeutet, für Demokratie einzustehen. Saad Eddine Fidaoui, Buchholz in der Nordheide
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