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big in koreaFRANK KETTERER erzählt Märchen

Der König im Teekessel

Geschichten wie diese beginnen mit „Es war einmal“ und manchmal klingen sie wie ein Märchen, in dem ein Frosch, den keiner mehr mag, nicht zum Prinzen wird, sondern gleich zum König – mit nur einem Telefonat. Zwar hat dieser König keine Krone, dafür aber eine bleiche, unbändige Mähne, ein Mähne fast wie ein Löwe, und weil der König in seinem Nebenjob auch noch Fußball mag und ein paar junge Burschen trainiert, die sich die „unbezwingbaren Löwen“ nennen, nennt sich der König auch„König der Löwen“.

Am späten Dienstagabend könnte das wunderbare Märchen von Winfried Schäfer und Kamerun ein jähes Ende gefunden haben, und dass der Himmel über dem Shizuoka Stadium dazu schwere Tränen vergoss, kann Zufall sein, muss aber nicht. Für Kamerun und Schäfer ist das Spiel aus bei dieser WM, gescheitert mit 0:2 an Deutschland und somit bereits in der Vorrunde, das ist bitter für ein Land, das so hohe Erwartungen hatte an seine Löwen und ihren König. „Es war trotzdem schön hier bei der WM“, hat Schäfer, der einstige Winnie Wahnsinn aus der Bundesliga, gesagt. Natürlich klang das nach Abschied, nicht nur von dieser WM.

Der König und seine Löwen haben im Vorfeld so ziemlich alles Erdenkliche dafür getan, die Hoffnung ihres Volkes ins Unermessliche zu steigern, sogar vom Finale haben sie gebrüllt und dass das möglich sei mit ihren außerirdischen Fußballern, überall konnte man das lesen, auch in Deutschland und in der taz, dafür hat der König schon gesorgt. Doch dann haben diese außerirdischen Fußballer sehr irdischen Fußball gezeigt.

Es hat nicht einmal dazu gereicht, zehn Deutsche in die Knie zu zwingen. Kamerun und Schäfer drohen, der größte Bluff dieser WM zu werden, hat ein geschätzter Kollege schon vor dem Spiel in Shizuoka geschrieben. Heute am traurigen Tag danach muss man sich eingestehen, dass man lange Zeit auch hereingefallen war auf diesen Bluff, eigentlich noch bis gestern zur zweiten Halbzeit.

Nun aber ist der Bluff vorbei, und weil tief fallen kann, wer so hoch gestiegen ist, dürfte jetzt das große Heulen losgehen im Land der Löwen. Und sehr wahrscheinlich, dass sie sich jetzt einen anderen König suchen werden. In Kamerun geht das ja schnell, so schnell, wie sie einem Orden anhängen, nur weil Schäfer den Afrika-Cup gewonnen hat. Es täte ihm Leid für die Jungs, hat der König zum Ende noch gesagt über seine Löwen, die da im Regen von Shizuoka standen wie begossene Pudel, sie hätten Besseres verdient, hat der König hinzugefügt und auch, dass nur der ertrinke, der im Wasser liegen bleibe, und das war zum Abschied noch einmal ein richtiger Spruch, wie man ihm vom König kennt, wahrscheinlich gilt er nun auch für ihn.

Manche Geschichten, auch wenn sie Märchen sind, enden nicht schön. Das Märchen zum Beispiel vom Fischer und seiner Frau, die in einem kleinen Teekessel hausen, ein paar Wünsche erfüllt bekommen, den Hals aber nicht voll genug kriegen können und immer mehr wollen und am Ende genau dort wieder landen, wo sie hergekommen sind: in ihrem kleinen, schimmeligen Teekessel. Und ein bisschen erinnert das tatsächlich an Winfried Schäfer, der zuerst ein arbeitsloser Fußballtrainer war und plötzlich Löwenkönig. Und jetzt doch wieder nicht mehr ist als zuvor. Manche Geschichten haben wirklich ein verdammt trauriges Ende.

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