berlins haushaltsklage : Parteien beißen sich auf die Zunge
Für einen Moment scheint es, als mache der Wahlkampf Pause. Da malt der Finanzsenator die Aussichten der Berliner Klage vor dem Bundesverfassungsgericht in düsteren Farben – und die Opposition hält weitgehend still. Und das, obwohl sich die HaushaltspolitikerInnen aller Fraktionen von einem wohlmeinenden Urteil bis zu 35 Milliarden Euro von Bund und Ländern erhoffen. Warum bleiben die OppositionspolitikerInnen merkwürdig stumm, statt Sarrazin schädlichen Pessimismus vorzuwerfen?
KOMMENTAR VON MATTHIAS LOHRE
Aus Berliner Sicht erscheinen die Karlsruher Richter wie das Orakel von Delphi. Niemand weiß, wie ihr Urteilsspruch ausfallen wird. Ebenso wenig ist klar, auf welche Faktoren sie sich dabei im Einzelnen stützen werden. Deswegen hüten sich Grüne und CDU, die Scheinwerfer auf die Mängel der Haushaltssanierung des Senats zu richten. Schließlich haben auch sie ein Interesse daran, dass Berlin langfristig finanziell handlungsfähig bleibt. Alle sitzen in einem Boot.
Orakelsprüche haben es außerdem so an sich, dass sie vage sind. Und so werden die Karlsruher Richter keine konkrete Summe nennen, die Bund und Ländern der Hauptstadt überweisen müssen. Das wird sich erst lange nach dem Urteil klären, in zähen Verhandlungen zwischen reichen und armen Ländern, zwischen Bund und Hauptstadt. Beispielsweise könnte der Bund dem Land Berlin die Staatsoper abnehmen oder Bundeseinrichtungen an die Spree verlagern.
Kritik der Opposition am Sanierungskurs des Senats wäre ein gefundenes Fressen für VerhandlungsführerInnen aus anderen Bundesländern. Nach dem Motto: „Warum sollen wir euch helfen? Offensichtlich habt ihr nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, euch selbst zu helfen.“
So beißen sich die Haushaltsexperten der Fraktionen auf die Zunge. Das tut sicher sehr weh – mitten im Wahlkampf.