piwik no script img

berlinmusikDen Meerstern grüßen

Tomás Luis de Victoria: „Stella maris“ (Deutsche Harmonia Mundi/Sony), Rias Kammerchor Berlin, Justin Doyle

Die Musik der Renaissance zählt zum Besten, was man auf der Erde hören kann, gleichauf mit Vogelstimmen, Meeresrauschen und ein paar anderen Musiken. Kann man gar nicht oft genug wiederholen. Eigentlich machte diese Epoche vor allem als franko-flämische Musik mit prominenten Vertretern wie Josquin Desprez von sich reden, aber auch aus Italien stammen einige der bedeutendsten Komponisten dieser Zeit. Und aus Spanien.

Tomás Luis de Victoria etwa war Priester und komponierte ausschließlich geistliche Musik. Und gemäß dem Konzil von Trient (1545–1563), das von Kirchenmusik verlangte, die Texte müssten verständlich sein. Klare Strukturen haben Vorrang vor allzu unübersichtlich verästelter Vielstimmigkeit. Was der lange Jahre in Rom lebende und wirkende Spanier de Victoria souverän beherrschte.

In seiner Aufnahme der „Missa Ave maris stella“, die dem „Meeresstern“ Maria gewidmet ist, macht der Rias Kammerchor unter Justin Doyle das wunderbar deutlich. De Victorias Marienmusik steht ganz im Dienste des Lobs der Gottesmutter, mit einer Schlichtheit, hinter der sich die Komplexität der Polyphonie scheinbar versteckt. Man kann Parallelen zu neueren Ausdrucksformen der Langsamkeit wie Ambient ziehen, doch gerät man bei de Victorias Messe nie in Versuchung, sie für Hintergrundmusik zu halten. Ganz ähnlich die Marienmotetten seines Zeitgenossen Francisco Guerrero, ebenfalls aus Spanien. Man braucht für das alles übrigens nicht religiös zu sein. Tim Caspar Boehme

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen