berlinmusik: Aus feinstem Stoff
Wenn ein eben noch fremder Mantel von innen wärmt, dann ist Liebe im Spiel: „I Wear Your Coat Inside Me“ sprechsingt Eleni Poulou im Song gleichen Titels, der mit einem für Pop ungewöhnlichen Instrumentarium eingespielt wurde: Poulou am Bass und Hilary Jeffery an Posaune und Computer. Das Duo firmiert unter dem Namen Organza Ray. Der Hymnus an die Zuneigung ist im September auf Bandcamp erschienen, wäre allerdings auch die perfekte A-Seite einer Vinyl-Single. Auf die B-Seite käme „Flimmer“, das 12-minütige Instrumental, aus dem Organza Ray den Mantel geschnitten haben. Posaune und Synthesizer, Glocken und Atmosphäre haben da mehr Platz, und fertig wäre eine Maxi-Single im alten Stil.
Beide Titel markieren die Pole, zwischen denen sich Organza Ray bewegen: Poulou hat viele Jahre Keyboard bei The Fall gespielt, jener Rockband, in der ein offenes Ohr für die Avantgarde und Händchen für Melodien gefragt waren. Jeffery kennt man in Berlin als Mitglied des Ensemble Zeitkratzer, das unter anderem das Frühwerk von Kraftwerk mit E-Musik-Instrumentarium interpretiert. Unlängst beteiligte er sich an einem Abend für den stilistisch unerschrockenen Jazzkomponisten Manfred Schulze.
Poulou wiederum hat 2022 ein ganzes Album eingespielt, auf dem sie traditionelle pontisch-griechische Tanzmusik mit aktuellen Clubsounds kurzschließt. Schaltkreis und Schwof gehören bei Organza Ray, die sich gerne auch Gäste wie Wolfgang Seidel und Hayden Chisholm einladen, zusammen wie Experiment und Entertainment. Robert Mießner
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