berlinmusik: Zerknirscht & verspult
Gibt es ein paar Noiserock-Lover unter den Leserinnen und Lesern unserer kleinen, randständigen Kolumne hier? Wenn ja, hätten wir eine Empfehlung, und zwar das Debütalbum des Duos Vordemfall. Hinter diesem Namen verbergen sich Multiinstrumentalistin und Sängerin Monika Saint-Oktobre sowie Schlagzeuger Markus Sternberg – in dieser Besetzung ist es ihre erste Veröffentlichung überhaupt.
Auf „Gravity Problems“ sind sechs Stücke in bester Neunziger-Noiserock-Tradition zu hören, ein bedeutender Einfluss könnten dabei Bands des Touch&Go-Labels wie Girls Against Boys oder Shellac gewesen sein; auch Sonic Youth kommen einem in den Sinn. Ein grooviger Bass, ein zuweilen vertracktes, dann wieder treibendes Schlagzeug, dazu eine sphärisch schwebende Stimme: Das ist die Rezeptur für einen Sound, der sich hervorragend zum Mitwippen und Kopfnicken eignet und der live ziemlich viel Freude bereiten dürfte. Auch auf die richtigen Themen setzen die beiden, denn wollten wir nicht alle schon mal einen Song über nächtliches Zähneknirschen hören? Nun, hier ist er. Er heißt „The Secret Of Bruxism“, und ob er geheime Tipps für die Knirscherinnen und Knirscher unter uns parat hält, das hören Sie sich am Besten selbst an.
Ein feines Stück Musik bringt dieser Tage auch AG Form unter die musikinteressierten Menschen – auf einem sehr ungewöhnlichem Tonträger. „SD-1“ heißt die EP, die im Namen auch auf das Format verweist: Die drei Stücke erscheinen auf einer kleinen Speicherkarte, die man userfreundlich im Portemonnaie mit sich tragen kann.
Fans der Instrumentalmusik und des Krautigen, Anhängern des Verspielten und Verspulten sei „SD-1“ unbedingt empfohlen. Bei AG Form klingen zuweilen tolle Instrumentalansätze jüngerer Zeit wie bei Do Make Say Think durch, dann gut gewürzte Progrock-Eskapaden wie in „Wasabi“, ein Track wie „T.docx“ klingt dagegen experimentell-fluid und leicht dubbig. Nach einer EP („Lichtenberg“, 2015) und dem 2017 erschienenen Debütalbum „Commons“ zeigen AG Form mit diesen drei neuen Stücken wieder ihr Potenzial – und dass sie im kleinen Jazzclub genauso gut aufgehoben sind wie im ranzigen Underground-Schuppen.Jens Uthoff
Vordemfall: „Gravity Problems“ (Slowing Records)
AG Form: „SD-1“ (Mikrokleinstgarten)
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen