piwik no script img

berlinmusikRadikal zerfranst

Was im subkulturellen Berliner Gestrüpp nicht alles so kreucht und fleucht, ohne dass die große weite Welt Notiz davon nimmt!

Ein gutes Beispiel für viel zu wenig beachtete Populationen wäre aktuell die Band 13 Year Cicada (kurz: 13YC). Benannt nach einer ziemlich interessanten Zikadenart (nur so viel: die Larve reift 13 Jahre lang im Boden), hatte sich die Gruppe 2014 gegründet und sorgte vor zwei Jahren mit ihrem Debütalbum „Totem Tongue“ für ein erstes Rascheln im Unterholz. Schon da war die Band, die heute aus der Keyboarderin und Sängerin Zooey Agro, dem Bassisten Christopher Hotti Boehm und dem Schlagzeuger Philip Theurer besteht, stilistisch kaum einzugrenzen. Man hätte sie wohl irgendwo zwischen den Polen Jazz, Wave und Avant-Pop verortet. Vor allem war bei ihnen der Wille spürbar, viel mit komplexen Rhythmen und Stimmvariationen – Sängerin Zooey Agro zeigte sich da schon als flexible Singzikade – zu arbeiten.

In dieser Hinsicht toppt das zweite Album „00YES“ das Debüt noch einmal. Es schweift in alle möglichen Richtungen ab, franst nach hier, dann wieder nach dort aus. Den Jazz-Hintergrund, den die Band hat, hört man insofern, als dass sie dabei frei und experimentell zu Werke gehen.

So begegnet man auf dem Album vom wildwüchsigen Kraut („Color Flood“) über Weirdo-Stolperfallen („00YES“) und poppige Soundflächen („Swimming Pool“) bis hin zu freien Radikalen („Picking Your Nose“) sehr vielen unterschiedliche Klängen. Dabei fällt positiv auf, dass die Songs trotz vieler Parts, die aus Improvisation entstanden sind, eine Struktur haben, die sie zusammenhält.

Zu keinem Zeitpunkt wirken die Sounds beliebig, ob es nun um klirrende Becken, flirrende Synthesizer oder den mäandernden Gesang handelt.

Wenn man sich das Umfeld des Trios anschaut, so passt das gut ins Bild: Auf ihrem Label Gandula Records veröffentlichen Bands wie Za! und Pranke, die ebenfalls Klänge fabrizieren, von denen einem schon mal der Kopf schwirrt. Und alle drei wirken auch noch in anderen Projekten mit, die dann wieder ganz anders klingen – so begegnet man Sängerin Zooey Agro zum Beispiel auch beim HipHop-Duo Tommy Lobo. Aber das wäre wieder eine andere Geschichte. Jens Uthoff

13 Year Cicada: „00YES“ (Gandula Records)

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen