berliner szenen: Bruce, die wandernde Pilgerstätte
Manchen Bands folgt Jane durch ganz Europa. Dieses Jahr sind aber nur zwei Springsteen-Konzerte drin. Sie kommt aus NYC, landet Dienstag früh, wohnt bei mir, will starken Kaffee, isst drei Blaubeeren und eine halbe Birne und muss schnell los. Ihren Airwrap für die europäischen 240 Volt findet sie im KaDeWe sofort, nicht aber die anderen Fans, nach denen sie in ihrem „Hungry Heart“-Hoodie Ausschau hält.
Mittwoch entern wir gegen vier nachmittags den Merch-Stand, dann den Innenraum des Olympiastadions. Wir hocken uns rechts der Technik auf einen Kabeltunnel und genießen die Stimmung, bis sich Unruhe breitmacht. Für sie: „Typisch Berlin, wie bei Depeche, die Leute kommen spät und drängeln nach vorn, weil sie meinen, dort sei noch viel Platz.“ Da tauchen Freunde auf. Wir stehen zur Begrüßung auf, und plötzlich, wie bestellt, positionieren sich hinter uns vier Kerle wie Schränke, die perfekte Drängelsperre. Die Show kann beginnen.
Statt Vorgruppe spricht Bruce über die Schurkenregierung in den USA. Das finden alle gut. Seine Lieder singen auch alle mit. Wir tanzen. Der Rock ’n’ Roll macht glücklich. Zum Schluss ein Dylan-Song. Jane will sich noch eine Extra-Devotionalie, die Original Setlist, bei der Technik abholen. Dabei trifft sie auf einen Fan mit „Jungleland“-Pappschild unterm Arm, „Ich warte auch immer auf diesen Song.“
Am nächsten Tag sind noch andere Bruce-T-Shirts in Mitte unterwegs. Jane quatscht alle an, „Hi! Hattet ihr eine gute Zeit gestern?“ Auch ein britisches Paar teilt ihre Begeisterung, hat aber leider Sir Pauls Gastauftritt in Liverpool verpasst.
Dann rollt die Fan-Karawane weiter. Aus dem Zug textet sie, „Ich sitze neben dem Jungleland Typen!“ Vielleicht klappt es in Prag mit dem Song. Da haben sich jetzt die Richtigen gefunden, denke ich. Silke Mohr
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