berliner szenen: Gerüche, Geräusche, Gespräche
Nicht die muskulösen Menschen oder die Trainingsgeräte, sondern die Gerüche und Geräusche habe ich an meinem Fitnessstudio besonders vermisst. Das merke ich, als ich das erste Mal nach einer zweimonatigen Pause wieder dort bin.
Ich mag es, wie es in der Umkleide nach Duschgel und Feuchtigkeitcremes riecht, wie die Föhne oder das Klatschen von Flipflops die Stille unterbrechen. Auch die Gesprächsfetzen, die ich mitkriege, während ich mich aus- oder anziehe, ohne zu wissen, woher genau sie stammen, gefallen mir.
Wegen meiner Knie-OP bin ich eingeschränkt und deshalb bei diesem Comeback nicht ausgepowert. Ich beobachte sehnsüchtig die durchgeschwitzten Trainierenden – vor allem diejenigen, die sich am Boxsack austoben oder auf dem Trainingsrad im Rhythmus der Musik strampeln, so wie ich es sonst auch gerne tue.
Mein erster Fitnessstudiobesuch ist von der Erkenntnis geprägt, dass ich noch Geduld brauche – was mir auch alle sagen, wenn sie mich auf der Straße ansprechen. „Oh ja, das Knie dauert lange.“ Ich wusste nicht, dass so viele Leute diese Erfahrung mit sich tragen, und jetzt kann ich sie oft erkennen, als würde uns das miteinander verbinden.
Am Ende entscheide ich mich für die Sauna. Dort duftet es nach Kräutern, und die heißen Steine klingen wie das Knistern eines Feuers. Auch das Holz knarrt, und es gibt immer jemanden, der laut ein- und ausatmet. Außerdem mag ich in der Sauna das natürliche Licht, das durch die Fenster fällt. Manchmal habe ich dadurch das Gefühl, in einer Hütte im Wald zu sein. Erst wenn ich rausgehe, um mich abzukühlen, komme ich schnell nach Neukölln zurück. Von dieser Terrasse kann man über den Hermannplatz blicken und sein Treiben beobachten, ohne mittendrin zu sein.
Luciana Ferrando
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