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berliner szenenReal-Stummfilm in der M5

Konrad-Wolf-Straße. Höhe Sportforum. Die Tram M5 fährt nicht weiter. Neben mir nölt ein Mann im fortgeschrittenen Alter. Da wache auch ich aus meinem Tagtraum auf und registriere, dass es nicht weitergeht. Bullige Männer in dunkelroten Trikots laufen an der Straßenbahn vorbei. Sie schwenken Bierflaschen und kleben die Tram aggressiv mit den Zeichen ihrer Stammeszugehörigkeit voll: BFC Dynamo. Dann rasen dick vermummte Po­li­zis­t:in­nen direkt an der Tram vorbei und verfolgen die BFC-Dynamo-Fans. Die Tram ist jetzt Sicherheitskapsel und Tribüne in einem. Sie lässt alle Geräusche draußen, sodass der Kampf zwischen gewaltbereiten Fans und Polizei in der Straßenbahn als Real-Stummfilm im 360-Grad-Modus ankommt.

Für mich ist das alles neu: Ich war nicht mal in der Ostkurve von Hertha BSC. Als die Tramfahrerin mal wieder eine Tür aufmacht, damit alle, die rauswollen, rauskönnen, gehe auch ich raus. Zwei panzerähnliche Wasserwerfer stehen quer auf den Straßenbahngleisen. Dahinter parken mindestens zwanzig Einsatzwagen. Ich gehe zwischen Fans und Polizisten hindurch, als hätte ich eine Tarnkappe auf, denn keiner scheint mich wahrzunehmen. Ich habe die ganze Kreuzung am Weißenseer Weg für mich und werde immer beschwingter. Die Gedanken bekommen Flügel und ich überlege, was die Polizei noch für Mittel gegen alkoholisierte, gewaltbereite Ultras einsetzen könnte. Wasserwerfer kennen die ja schon. Man müsste diese Klientel immer wieder mit neuen Methoden überraschen, denke ich. Irritation als Mittel gegen Gewalt. Müsste man ausprobieren. Man könnte zum Beispiel statt mit einem Wasserwerfer mit einer riesigen Seifenblasenmaschine kommen und schauen, was passiert. Das wäre auch ein schönes Spektakel für die, die in der Tram feststecken.

Katja Kollmann

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