berliner szenen: Die braune Plörre lief nur so
In der Tram ist es leer in Richtung Weißensee. Die Sonne scheint, aber es ist wieder kalt geworden. Eine Frau und ein Mann setzten sich zu mir in den Vierersitz. Er trägt einen Schal um den Kopf und eine runde Brille, sie eine Mütze und eine Schlabberhose mit Lederjacke. Er erzählt ihr über gute Tipps aus dem Internet, die er übernommen hat. Ich sehe auf mein Handy und höre zu.
„Also mit Natron kriegste ja irgendwie alles hin,’ne? Einfach Natron, bisschen Essig und heißes Wasser, damit wird alles gut. Hab neulich meinen Backofen so sauber gemacht. Die braune Plörre lief nur so herunter.“ Die Frau guckt so, als würde sie sich nicht so für Putztipps interessieren.
„Kannste auch für verkrustete Pfannen benutzen und so. Ist echt irre“, sagt der Typ. Die Frau nickt.
„Dann haben ich neulich gesehen, wie man Wäsche viel besser aufhängt, indem man sie eben nicht wie alle über die Streben des Wäscheständers legt, sondern sie parallel zu den Streben aufhängt und mit Wäscheklammern feststeckt. Da bekommste so krass viel mehr Wäsche drauf!“ Er guckt begeistert. Die Frau guckt inzwischen schläfrig.
„Und mega die Sache mit dem Tee, der einem nicht schmeckt. Einfach in die Badewanne kippen und schon haste’nen super Badezusatz.“ Die Frau wird munter, fängt an zu lachen. Sie holt ihr Handy hervor und sagt: „Ey, jetzt versteh ich! Guck mal den Post von L. Haste ihr das auch gesagt?“
Sie sucht im Handy und zeigt es ihm. Er fängt an zu lachen und sie sagt: „Ich hab so gelacht, als ich das gelesen hab.“
Sie liest vor: „Heute wieder einen guten Tipp bekommen: ollen Tee als Badezusatz. Liege grad in Bio-Holunder-Minz-Zitronengras. Nächstes Mal dann der Ekel-Kräuterschnaps von der letzten Party.“
Sie lachen. Ich grinse in mein Handy. Isobel Markus
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