berliner szenen: Mit Bus und Bahn zum Zoo
Am Sonntagabend bin ich mit einer Freundin im Delphi-Kino am Zoo verabredet. Ich freu mich drauf, in letzter Zeit war ich nur selten im Kino. Aber noch immer ist die ÖPNV-Verbindung von Pankow in die City West nicht die beste. Am schnellsten ist man mit Bus und U9, das dauert, reine Fahrzeit, keine halbe Stunde. Der Bus kommt leider nur alle zwanzig Minuten und ist selten pünktlich. So auch an diesem Sonntag: laut aushängendem Fahrplan hätte er eine Minute vor meiner Ankunft an der Bushaltestelle losfahren sollen. Da ich das aber hätte schon von Weitem sehen können, kann ich sicher behaupten: so war es nicht. Ich warte also ein bisschen. Vergeblich. Tja. Also los, Richtung S-Bahn. Von dort bis Friedrichstraße, dann umsteigen in die Stadtbahn, seufz. Natürlich gibt es am S-Bahnhof – wie auch an der Bushalte – keine digitale Anzeige. Und so sehe ich erst oben, dass die nächste Bahn erst in 9 Minuten kommt. Da ist der Bus dann doch schneller. Also wieder runter, warten, und dann ab zum U-Bahnhof Osloer Straße.
In der völlig überfüllten U-Bahn erregt ein etwa Zweijähriger in einem Buggy meine Aufmerksamkeit. Offenbar will er unbedingt das Smartphone seiner Mutter. Die allerdings beachtet den Jungen nicht, obwohl er wirklich markerschütternd brüllt. Dann beginnt er, sich hin und her zu werfen. Jetzt wird er gleich … richtig, der Wagen mitsamt Kind kippt zur Seite. Zwei Männer greifen im letzten Moment zu und richten Kind und Buggy wieder auf. Ungerührt tippt die Mutter weiter auf dem Handy. Am Hansaplatz schiebt sich eine riesige, komplett verdreckte Matratze in den Wagen. Ein Mann schiebt sich hinterher.
Eine gute Stunde nachdem ich meine Wohnung verlassen habe, steige ich am Bahnhof Zoo aus. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten denke ich ernsthaft darüber nach, mir ein Auto anzuschaffen.
Gaby Coldewey
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