piwik no script img

berliner szenenIt's the system, stupid

An meinem freien Dienstag habe ich Großes vor: Ich will ein Festgeldkonto bei der Postbank eröffnen. Ein entsprechendes zeitlich begrenztes Angebot läuft demnächst aus. Bei meinem letzten Besuch war der Schalter nicht besetzt, jetzt also ein neuer Anlauf.

Für solche Angelegenheiten gibt es in „meiner“ Postfiliale extra einen eigenen Postbankschalter. Samstags, wenn ich Zeit habe, ist er selten besetzt. Jetzt ist Dienstag, aber niemand ist da. Ich stelle mich also an die Schlange vor den anderen Schaltern. Plötzlich taucht hinter dem Bankschalter eine Angestellte auf. Ich sprinte sofort zu ihr, in der Hand mein Postsparbuch. Davon soll Geld auf das Festgeldkonto. „Ich weiß nicht, ob ich Ihnen hier helfen kann“, sagt sie statt Begrüßung. Ich erkläre mein Begehr, die Blaue seufzt tief. „Vermutlich komm' ich gar nicht ins System.“

Wegen einer „Systemumstellung“ im Januar funktioniert bei der Post nämlich ständig irgendwas nicht mehr. So auch dieses Mal. Die Blaue zeigt mir ihren Bildschirm, auf dem sich ein Rädchen wie irre dreht. Dahinter steht mein Name. „Leider komm ich nicht weiter“, erklärt sie. Am Nachbarschalter wünscht ein Kunde gerade: „Schönen Feierabend.“ Es ist Mittag. „Witziger Spruch“, sag ich zu der Blauen. „Wenn ich meine Überstunden ausgleichen könnte, wäre ich jetzt gar nicht hier.“

Ihr Rechner macht jetzt gar nichts mehr. Ich schlage vor, einen anderen auszuprobieren. Wir wechseln an den Nachbarschalter. Dort kommt sie tatsächlich in meine Kundendatei. Nur Geld transferieren geht nicht. „Das liegt an der Systemumstellung“, sagt die Kollegin, die zum Helfen dazukommt. Es wird noch sehr kompliziert. Ich unterschreibe viele Formulare. Mein Sparbuch und Ausweis werden kopiert. Am Ende haben wir es zu dritt geschafft. Ich sag aber nicht, wie. Gaby Coldewey

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen