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berliner szenenMit offenem Hemd im Regen

Auf einmal stürmt es. Der Späti-Verkäufer räumt rasch Tische und Stühle auf. „Es geht gleich los“, hatte er mir gesagt, als ich mein Bier bezahlte, und genau so ist es eingetreten:

Als ich heraustrete, regnet es in Strömen, Menschen rennen weg, sie versuchen sich zu bedecken mit dem, was sie zur Hand haben, oder suchen Zuflucht unter der Späti-Markise, die vom Wind aufgeblasen wird. Müll und Blätter wirbeln durch die Luft. „Scheiße, Scheiße!“, hört man zwischen Donner und Donner immer wieder. Oder „Woooooow!“ und das Klatschen der Schritte gegen den überfluteten Boden.

Mir aber gefällt diese kalte abendliche Dusche nach dem schwülen Tag und, anstatt ebenso wie die anderen loszueilen, schiebe ich mein Rad bewusst langsam die Reuterstraße hoch. Als ich komplett durchnässt meinen Hinterhof betrete, erschreckt mich eine Silhouette in der Dunkelheit. Es ist wie bei einer Szene eines Horrorfilms, wenn jemand von einem Blitz kurz erhellt wird, dann ist es wieder dunkel und man erwartet als Zu­schaue­r*in das Schlimmste.

Ich mache das Licht vom Hof an und erkenne meinen Nachbarn. Er steht mit offenem Hemd und offenen Armen im Regen, das Gesicht zum Himmel gedreht. Das Bild ist nicht weniger verstörend als die Figur, die ich am Anfang sah, doch mein Nachbar scheint das Wasser zu genießen. Auch wenn er weiterhin selten draußen ist und seine Jalousien wie fast immer geschlossen bleiben, scheint ihm der Sommer gutzutun: Er kümmert sich um den Hof und um den kleinen Garten, den er selbst angelegt hat, ist gut gelaunt und höflich zu allen, die an ihm vorbeigehen.

Als er meine Anwesenheit bemerkt, dreht er sich um zu mir. „Na?“, frage ich ihn. „Schön, oder, der Regen?“, antwortet er. „Nicht nur für die Pflanzen.“

Luciana Ferrando

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