berliner szenen: Flashbackin Socialist Times
Pfinstsonntag, im Kunstgewerbemuseum am Kulturforum läuft die viel gelobte Ausstellung „Retrotopia – Design for Socialist Spaces“. Es dauert ein bisschen, bis wir das etwas versteckt liegende Museum endlich gefunden haben. An der Kasse eine Berlinerin „mit Herz und Schnauze“, die der Besucherin vor uns gerade etwas ruppig erklärt, dass sie ihre Wasserflasche einschließen müsse.
Im vorauseilenden Gehorsam halte ich meinen Rucksack hoch und frage, ob ich eine Münze für den Schrank brauche. „Ja, aber die kriejen Se hinterher wieder“, sagt die Dame an der Kasse.
Dann geht’s eine Treppe runter in den Ausstellungssaal. Aber noch bevor ich mir einen ersten Überblick verschaffen kann, kommt es hinterher mir zu einem lauten Wortwechsel. Eine stark geschminkte Dame mit blondem Zopf in der Uniform der Aufsichtspersonen zischt laut und vernehmlich: „Sieht das etwa nicht wie ein Rucksack aus?“ Ich drehe mich um. Vor einer Vitrine steht eine Frau mit einem sehr dünnen Stoffbeutel auf dem Rücken. „Den Rucksack müssen Sie oben abgeben“, blafft die Geschminkte.
Die Angesprochene sagt höflich und ruhig: „Mit Ihrem Kollegen hatte ich etwas anderes besprochen.“ Jetzt kommt Bewegung in die Geschminkte: „Was reden Sie da? Hier haben alle die gleichen Anweisungen, auch wenn Sie sich jetzt sonst was ausdenken! Wer hat Ihnen das gesagt? Na los, wer war das?“ Die Frau, schon auf der Treppe nach oben, bleibt stehen und sagt: „Das sage ich Ihnen nicht, ich will hier niemanden in Misskredit bringen. Und Sie vergreifen sich gerade im Ton.“
Die Aufsicht ist außer sich: „Was glaubt die wohl, wen sie hier vor sich hat?“ Das frage ich mich auch. Es ist wie ein Flashback in die Socialist Spaces and Times, die wir 1989 hinter uns gelassen zu haben glaubten.
Gaby Coldewey
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