berliner szenen: Der lange Weg zum Fundbüro
Fundbüros in Berlin haben die Eigenschaft, dass sie nicht leicht zu finden sind. Das Fundbüro der BVG ist gut versteckt, auch das Zentrale Fundbüro Berlin befindet sich seltsam deplatziert im Gebäude des ehemaligen Flughafens Tempelhof. Ich irre durch kafkaeske, endlos erscheinende Gänge, die mal zu Startup-Unternehmen, mal zur polizeihistorischen Sammlung und manchmal auch zum Fundbüro führen.
Als ich endlich fündig werde, erwartet mich eine gut konservierte, deutsche Behörde aus einem Jahrzehnt, in dem das Internet nur als Idee existierte. Ich gehöre zu der Kategorie „Menschen auf der Suche nach einem Schlüsselbund“. Brav nehme ich neben anderen Wartenden Platz. Vereint in einer Illusion der Hoffnung blicken wir sehnsüchtig auf die Tür, hinter der sich der Raum mit den verlorenen Schlüsselbunden verbirgt. Die anderen Menschen sind nicht weniger verzweifelt. Am Schalter für „Sonstiges“ steht ein aufgeregter Mann, Typ bürgerliche Mitte, wahrscheinlich hat er in seiner Charlottenburger Altbauwohnung ein Designer-Bücherregal voller intellektueller Schätze. „Es ist eine lederne Mappe, ich habe sie in der U-Bahn verloren, aber bei der BVG wurde sie nicht abgegeben,“ sagt er gerade zu einer Angestellten.
„Da waren Unterlagen meines zukünftigen Mieters drin, Gehaltsnachweise und Informationen zur Bürgschaft, ganz sensible Dokumente. Ich brauche diese Mappe unbedingt wieder!“ ruft er verzweifelt und rauft sich seine angegrauten Haare. Obwohl er chaotisch wirkt, erwäge ich kurz, ob ich ihm stattdessen meine Mietunterlagen zusenden kann, digital selbstverständlich. Die Wohnung, die er vermietet, lohnt sich bestimmt. Keinen Schlüsselbund gefunden, aber ein neues Zuhause, das wäre doch ein wirklicher Erfolg im Fundbüro.
Julia Tautz
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