berliner szenen: Werbung zum Grübeln
Vor ein paar Wochen hat es begonnen. Ein „Café Mohrenkopf“ aus Ingolstadt beglückte mich in Berlin auf Facebook mit seiner Werbung. Schinkencroissant, Spaghetti mit Lachs-Sahnesauce, eisgekühlte Drinks – dank der aufploppenden Fotos, die der Laden Tag und Nacht zu verbreiten scheint, konnte ich mitverfolgen, was dort gerade kulinarisch angesagt ist. Und es hört bis jetzt nicht auf, dass mich dieses Café ganz offensichtlich als neuen Kunden gewinnen möchte. Und dann auch noch eines mit einem solchen Namen.
Zuerst war ich nur verwundert. Was wollen die von mir? Welcher völlig durchgedrehte Algorithmus hat uns zusammengebracht? Wissen die überhaupt, dass ihr Name nicht mehr so ganz zeitgemäß ist und was hier in Berlin los ist, weil eine Straße mit dem M-Wort beginn?
Nach zig weiteren Bildern auf Facebook von „Gourmet Toasts“ und immer wieder Schokoküssen wollte ich mehr wissen. Die grobe Google-Recherche ergab: es gibt kaum (noch) Cafés mit diesem Namen. Eines, das beim Münchner Oktoberfest ein Zelt so benannte, hat sich eben erst umbenannt. Eines in Trier versucht immerhin, umständlich zu erklären, das man sich nach dem Berg ums Eck benannt habe, dessen Name sich wiederum auf ein „mooriges“ Sumpfgebiet und die umgangsprachliche Bezeichnung “Kopf“ für einen Berg beziehe.
Vor ein paar Tagen informierte mich der Besitzer des „Café M“ in Ingolstadt via Facebook, dass er ständig schlechte Bewertungen bei Google bekomme. Und das nur wegen seines Namens. Inzwischen berichten auch diverse Medien darüber. Wundern muss er sich über die Aufregung eigentlich nicht, wenn er wochenlang versucht, selbst mich in Berlin auf sich aufmerksam zu machen. Der Name seines Cafés jedenfalls, sagt er, der bleibt. Andreas Hartmann
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