berliner szenen: Der Fuchs, die Frau,die Welt
Als wir gerade von unserem Platz auf einer Wiese in Prenzlauer Berg aufgestanden sind, kommt ein Fuchs. Es ist Mittag. Ein Tag im warmen Frühjahr, einer, an dem Putin die Ukraine beschießt, in Afghanistan der Hunger wächst und auch Teilen Afrikas droht. Wieder einer dieser Tage mehr. Es ist fast schon, als sei all das normal.
Und dann jetzt also beim Zurückgehen dieser Fuchs. Er bleibt mitten auf der Wiese stehen und schaut einer Frau, die unweit von unserem gerade verlassenen Liegeplatz in der Sonne liegt, fuchsfrech mitten ins Gesicht. Sie macht die Augen auf und sieht den Fuchs. „Die arme Frau“, sage ich, als ich aus sicherer Entfernung auf die Wiese zurückblicke. Sie schaut fraufrech zurück, rührt sich nicht. „Da ist doch irgendwas nicht in Ordnung“, sagt mein Freund.
Kopfschütteln. Wir sind uns einig, dass dieser zerzauste, zerfetzte, irgendwie völlig kaputt scheinende Fuchs mitten am Tag, mitten in Prenzlauer Berg für die Lage der Welt steht. Etwas ist aus den Fugen geraten, völlig.
Füchse sind schlau. Spürt er, dass die Weltkugel schiefhängt, noch schiefer als sonst? „Guck mal, jetzt legt er sich genau auf unseren Platz“, sagt mein Freund. Wir sind froh, dass wir ihn aus der Ferne beobachten, mit Sicherheitsabstand.
Die anderen, die auf der Wiese liegen, liegen dort einfach weiter, als wäre der Fuchs eben einer von ihnen, als sei das normal. Nur die Frau, der er ins Gesicht gestarrt hat, schaut immer wieder hoch, als würde sie sich über irgendetwas vergewissern, vielleicht darüber, dass dieser Fuchs wirklich echt ist.
„Wie unentspannt, warum wechselt sie denn nicht den Platz?“, sage ich. Die Frau zwingt sich liegenzubleiben und schaut einfach zu. Widerstrebend. Müssen wir uns an die Lage der Welt wirklich gewöhnen?
Lea De Gregorio
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