berliner szenen: Bald kommt auch schon der Januar
Das Jahr geht zu Ende. Man könnte aufatmen – endlich keine Termine mehr. Wenn da nicht schon die Januar-Termine in den Kalender eingetragen werden müssten. Das Problem ist: ich hab noch keinen für 2022. Es ist nicht meine Schuld. Anfang Dezember schon war ich im Einkaufszentrum meines Vertrauens, wo ich diesen „Familienplaner“ genannten Kalender jährlich kaufe, habe aber keinen bekommen. Der Name bedeutet übrigens nicht, dass man auf Nachwuchs aus ist. Sondern dass die Termine einzelner Familienmitglieder hier synchronisiert werden können.
Nachdem unsere Januarplanung jetzt auf einem Notizzettel immer unübersichtlicher wird, ist klar: ein Kalender muss her. Vor Arbeitsbeginn fahre ich deshalb ein großes Fachgeschäft in der Friedrichstraße an. Gleich am Eingang staut es sich. Die Frau vor mir nestelt mühsam ihren Coronatest aus der Tasche. „Ich brauch dann noch einen Ausweis mit Lichtbild“, sagt die 3G-Kontrolleurin. „Ich hab keinen. Das ist doch wirklich alles nicht zu fassen!“, empört sich die Abgewiesene und verlässt den Laden wütend.
Kalender sind ja Saisonartikel. Wo die wohl dieses Jahr ihren Platz haben? Nirgends ein Hinweis. Ich wende mich ans Fachpersonal. „Äh, Kalender, die haben wir auf allen Etagen“, sagt die freundliche Verkäuferin. Im ersten Stock frage ich gezielt nach Familienplanern. „Die Abreißkalender sind im Erdgeschoss“, informiert mich Verkäuferin Nummer zwei. „Und sonst schauen Sie sich einfach mal im Haus um.“ Sie weiß nicht, was das ist, ein Familienplaner. Macht nichts. Ich schaue mich um. Ich hab’s eilig, ich bin genervt.
„Familienplaner gibt’s im 3. Stock“, sagt da Verkäuferin Nummer drei. Der kleine Einkauf hat mich fünfzehn Minuten gekostet. Lange werde ich mich dem Onlineshopping nicht mehr widersetzen. Gaby Coldewey
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