berliner szenen: Hände und Füße warm halten
Kurz nach Lichtenberg ist die Sonne, die mir den Impuls gab, einen winterlichen Ausflug zu machen, weg. Es ist neblig, als würden wir durch eine Wolke fahren, wie im Flugzeug vor der Landung. Die Ansagen werden auf Deutsch und Polnisch durchgeführt, den Endbahnhof der RB 26 muss ich googeln: Kostrzyn. Mein Ziel, Obersdorf bei Müncheberg, suchte ich mir aus, ohne zu wissen, wo genau das liegt und wie es dort aussieht. Worüber ich mich erkundigt hatte: Wie kleide ich mich richtig, um mit dem Rad unterwegs zu sein, ohne zu frieren? Ich lese, dass Hände und Füße warm zu halten das Schwerste und Wichtigste für den Körper ist.
Schon am Ostkreuz muss ich mir einen Tee kaufen, weil meine Hände von Neukölln bis dorthin so kalt geworden sind, dass sie wehtun und ich die Fingerkuppen nicht mehr spüre. Als ich in Obersdorf aussteige, fällt mir die Lösung ein: „Handwärmer!“ Aber Obersdorf scheint klein zu sein, und es ist Sonntag. Also versuche ich das Thema zu vergessen. Als ich vor der Dorfkirche stehe, gelingt es mir, weil ich an etwas Anderes denke. „Hier war ich schon mal“, sage ich mir. Vor einem Schloss, einer Kirche oder einem Dorfplatz in Brandenburg habe ich oft ein solches Déjà-vu-Erlebnis. Diesmal stimmt es jedoch: Ich war schon hier, es war auch kalt damals, aber sonnig. Ich erinnere mich, dass ich komisch fand, dass der Eingang zur Kirche in einer Seitenstraße liegt, und erkenne eine Wand, an der ich damals meinen Schatten fotografierte.
Ich fahre mit dem Rad weiter nach Trebnitz und überlege, dem Weg bis Wulkow zu folgen. Es wird aber dunkel und diesmal melden sich die Zehen. Ich kehre schnell zum Bahnhof zurück. Nächster Fahrradausflug erst im Frühling. Oder nur mit Hand- und Fußwärmern, entscheide ich, während ich hüpfend auf den Zug warte. Luciana Ferrando
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