berliner szenen: Schöner altern mit Fußball
Im Hintergrund hatte ich laut gesagt, ich möchte gefälligst mit meinem Geburtstag nicht belästigt werden, als K. bei M. angerufen und gefragt hatte, ob etwas geplant sei. Es gab aber nichts zu feiern. Zwei Samstage später, wieder bei M., hatte K. mir den Bildband „Helden in Königsblau“ von Stefan Barta geschenkt und ich hatte mich gefreut, auch über die elegante Geste, mit der sie mein Belästigungsverbot umgangen hatte. Sie hatte mir von dem Buch schon im Frühling erzählt; es stammte von einem Kollegen an der Schule, dem sie es sozusagen abgeschwatzt hatte. Er hatte es ihr gegeben, weil er gerne Texte von mir las. So ungefähr.
Alles hatte sich jedenfalls sehr gut getroffen. Mit zwölf war ich Schalke-Fan geworden; fast jede Woche hatte ich den Kicker gekauft und alle Bilder und Texte über den berühmten Fußballverein ausgeschnitten und auf Schreibmaschinenseiten geklebt. Acht Jahre später hatte ein Freund meine gesammelten Schalke-Berichte versust, eine traurige Geschichte. Vor zwanzig Jahren waren wir auf dem Platz in Gelsenkirchen, als Schalke drei Minuten lang „Meister“ gewesen war und jetzt sind wir wieder in der 2. Liga – Opa erzählt.
Ich schaute mir das Buch an. Auswahl und Fotos waren ganz gut, ich kannte fast alle der 75 abgebildeten und betexteten Schalker Helden und freute mich, tolle Spieler wie Lincoln, Abramczik, Aki Lütkebohmert, Yves Eigenrauch, Helmut Kremers, Jürgen Sobieray, Jefferson Farfan und Stan Libuda wiederzusehen. In manchen Gesichtern wie dem von Hans Klodt, der 1943 zuletzt für Schalke das Tor hütete, meint man noch die Schrecken des Kriegs zu sehen.
Dann spielten wir wieder Schach und redeten über Proust; K. hört schon eine Weile immer abends im Laptop die Lesung der „Verlorenen Zeit“. Ich hatte Proust zum ersten Mal mit Anfang 20 gelesen. Detlef Kuhlbrodt
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