berliner szenen: Mit dem Wasser spielen
Ich wusste nicht, dass Gänsehaut ansteckend ist, bis wir über einen Film reden und sie „schau mal, Gänsehaut“ sagt. Als Antwort bekomme ich Gänsehaut kaum eine Sekunde später und zeige ihr meinen Arm.
Wir sitzen vor einem Späti auf einer Bank in der Nähe der Kulturbrauerei. Die Bank guckt zu der Kreuzung, die Tische mit Sonnenschirmen und überwiegend englischsprachigen Gästen bleiben hinter uns, eine Soundkulisse im Hintergrund, als wären sie weiter weg als sie es sind. Deswegen vielleicht kommt es uns vor, als würden wir vor einem Feld sitzen. Oder vor einem See und würden die Füße ins Wasser stecken, so warm ist es noch.
Wir wollten uns über Arbeit unterhalten und das machen wir auch kurz. Vor allem fangen wir an, uns Geschichten zu erzählen. Wir sind im Amazonas, in Brandenburg und auf einer Autofahrt in Italien. Wir reden über Argentinien, wo wir beide herkommen, über Füchse und Skorpione, über Bücher und Gerüche aus unserer Kindheit und über Verwirrungen in Allgemeinem. Eine kleine Stichprobe davon bekommen wir sogar gleich, als hätten wir uns ein konkretes Beispiel verlangt. Im Späti wird überwiegend Craftbeer verkauft und der Späti-Verkäufer scheint ein Gourmet zu sein. Er genießt es, seine Kenntnisse mit den Kund*innen zu teilen. Als er uns fragt, wie das rote Bier schmeckt und ich erwähne, dass es mir nicht kalt genug ist, nimmt er es nicht als Einschätzung, sondern als persönliche Kritik und fängt an sich zu rechtfertigen. Als Kompensation präsentiert er uns wunderbare kalte Exemplare und ist diesmal offensichtlich zufrieden mit unserer Reaktion. „War das gerade eine Verwirrung oder eher ein Missverständnis?“, fragen wir uns. Wir zucken mit den Achseln und kommen zum nächsten Thema, während unsere nackten Zehen nebenbei mit dem Wasser spielen. Luciana Ferrando
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