berliner szenen: Das Kino nach dem Freiluftkino
Nach dem Spielfilm bleiben wir vor dem Freiluftkino Hasenheide auf einer Bank sitzen. Und beobachten die Passanten, als wären wir immer noch vor der Leinwand und ein zweiter Film hätte angefangen. Eine große Menge vor allem junger Leute geht jeweils links und rechts an uns vorbei, laute Musik und Partygeräusche wehen aus dem Park aus allen Himmelsrichtungen zu uns herüber. Die meisten Menschen laufen in Gruppen zusammen. Diejenigen, die ohne Begleitung unterwegs sind, sehen mit Flaschen in der Hand verloren in der Masse aus. Es wird gelacht, laut durcheinander geredet, auch mal geschrien, geraucht, getrunken, umarmt, geküsst. Viele sind wie für das Berghain aufgetakelt, und so glänzen Klamotten und Schminke im Licht der Straßenlaternen. Andere Passanten mit Korb und Decken scheinen sich nach ausgiebigem Picknick langsam auf den Weg nach Hause zu machen. Manchmal treffen sich zwei Gruppen, manchmal verlässt jemand seine Freunde nach langer Verabschiedung.
Das Kommen und Gehen hält weiter an und wir drehen ständig unsere Köpfe hin und her, um kein Detail zu verpassen. Unsere Blicke treffen sich regelmäßig, wenn wir etwas lustig oder kurios finden. Ab und zu kommentieren wir etwas, kichern und lästern. Wir ziehen nur unsere unsympathischsten Mienen, als zwei Männer auf uns zukommen und uns mitteilen, wie süß wir lächeln. Dann gehen sie zu drei Frauen weiter, die auf einer anderen Bank sitzen und versuchen, mit ihnen zu flirten. Als uns ein Mädchen fragt, ob es in der Nähe einen Rave gäbe, können wir uns vor Lachen nicht mehr halten. Einige Stunden vergehen, ohne dass wir davon satt werden. Wir kommen uns fast vor wie zwei Omas, die sich vom Balkon ein Straßenfest angucken und eine besondere Nacht miteinander verbringen.
Luciana Ferrando
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen