berliner szenen: Ein Ami schwitzt immer
Ich hole mein Auto aus der Werkstatt ab. Mein Auto ist eigentlich kein Auto, sondern ein Van. Ein G 20 Chevrolet Van, Baujahr 1993, acht Zylinder, verdunkelte Scheiben. Zwei Meter breit, fünf Meter lang. Diesmal war es der Keilriemen. Der Mechaniker übergibt mir den Schlüssel. „So ein Keilriemen kann doch nicht ernsthaft 900 Euro kosten!“, sage ich entsetzt. „Tut er ja auch nicht. Aber Arbeitszeit kostet er. Was glauben Sie, wo sich so ein Keilriemen befindet?“
„Na, an den sogenannten Riemchenscheiben“, sage ich selbstbewusst. „Riemchenscheiben?“ Er lacht. „Sie meinen wohl Riemenscheiben?“
„Genau, die“, korrigiere ich schnell. Riemchenscheiben, wie ärgerlich. In der Regel bin ich besser vorbereitet, aber letzte Woche war die Zeit so knapp, dass es nur für die Kurzantwort direkt unter der Suchzeile gereicht hat, und selbst die habe ich mir anscheinend nicht richtig gemerkt. „Da haben Sie wohl parallel an Rüschen gedacht, was? Rüschen und Riemchen …“ Der Chef tritt zu uns und zwinkert seinem jüngeren Kollegen zu. „Wieso sollte ich an Rüschen denken?“
„Sie sind eine Frau.“
„Und?“
„Meine Frau hat kurz vor der Hochzeit auch immer an Rüschen gedacht.“
„Ich bin nicht verheiratet.“
„Das war meine Frau kurz vor ihrer Hochzeit auch nicht.“
„Sehr witzig.“
„Frau Doktor, ich meine es doch nur gut. Wann heiraten Sie endlich Ihren Freund? Veganer wird’s nicht!“
„Er verträgt kein Gluten.“
„Sag ich doch.“ Er wischt einen Ölfleck vom Chevy.
„Woher kommt eigentlich das ganze Öl?“, versuche ich, das Thema zu wechseln.
„Ein Ami schwitzt immer bisschen Öl“, sagt der Mechaniker, „aber jetzt haben Sie ja neue Rüschen …“ Er zwinkert mir zu. „Viele Grüße an Ihre Frau“, sage ich und schwöre mir, beim nächsten Mal wieder besser vorbereitet zu sein. Eva Mirasol
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen