berliner szenen: Ein Schatz mit Hundeblick
Am Montag in der Drogerie reicht die Kassenschlange bis vor die Müsliregale. Die Stimmung im Laden ist gedämpft und kühl, als wäre man am Morgen aus dem Haus getreten und es hatte über Nacht geschneit. Ich möchte nach Hause, denke ich.
„Nehmen Sie sich bitte einen Korb?“, ruft die junge Frau an der Kasse. Ihre Stimme klingt resigniert. Sie sagt es heute sicher schon zum hundertsten Mal.
„Ich will nur ganz schnell ein Deo kaufen“, antwortet ein Mann mit Stoffmaske.
„Egal, Sie müssen bitte einen Korb nehmen. Und bitte setzen Sie eine medizinische Maske auf. Die sind jetzt vorgeschrieben.“
„Ach“, sagt der Mann. „Und nun? Ich habe keine mit.“
Die Kassiererin guckt die Frau vor mir genervt an und sagt: „Ja soll ich ihm jetzt noch eine geben, oder was?“
Zu dem Mann gewandt ruft sie: „Da kann ich Ihnen nicht helfen.“
Der Mann kommt näher und sagt: „Ich bitte Sie. Können Sie mir nicht eine verkaufen?“ Er zeigt auf eine Box mit chirurgischen Masken hinter der Kasse.
„Die sind für das Personal und nicht verkäuflich“, erklärt die Kassiererin kühl.
„Können Sie vielleicht eine Ausnahme machen?“
Er hat schöne Augen über der schwarzen Stoffmaske und legt einen bittenden Ausdruck hinein.
Die Kassiererin seufzt, dreht sich um, zuppelt eine OP-Maske aus der Box und reicht ihm diese unter der Plexiglasscheibe hindurch.
„Aber nicht weitersagen.“
„Ich danke Ihnen, Sie sind ein Schatz.“ Er setzt sich die Maske auf, nimmt einen Korb und verschwindet im Laden.
Die Kassiererin guckt die Frau vor mir an, reicht ihr den Bon und sagt: „Haben Sie gehört ja, ich bin ein Schatz. Mein Highlight heute.“
Sie grinst. „Und bei den Hundeaugen darf der sogar nochmal wiederkommen.“ Isobel Markus
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