berliner szenen: Nicht belastbarer Hohlkörper
Als ich neulich Nachmittag nach Hause komme, finde ich an meiner Haustür ein großes Paket mit einem Aufkleber. Achtung, nicht belastbarer Hohlkörper, steht darauf. Die Empfängerin ist eine mir unbekannte Frau mit unserer Adresse. Ich schiebe den Karton zur Seite, schließe auf, überlege und rufe als Erstes I. an. „Du, hier steht ein Riesenpaket vor meiner Tür, auf dem steht: Achtung, nicht belastbarer Hohlkörper. Ist das zufällig für dich?“
I. giggelt und sagt: „Na super, jetzt haben sie mir doch echt den Chef in mein Homeoffice geschickt.“ Wir lachen. Dann sagt sie: „Nee, keine Ahnung. Ich hab keine weitere Verwendung für nichtbelastbare Hohlkörper zu Hause. Frag doch mal O.“
Ich rufe bei O. an, die als Erstes fragt: „Ist was passiert? Wieso rufst du denn an?“
„Ich hab hier nur ein Paket und frage mich, ob es für dich ist? Achtung, nicht belastbarer Hohlkörper, steht darauf.“
O. lacht voll laut und ruft: „Mist, jetzt hat die blöde Kuh mir meinen Ex doch wieder zurückgeschickt.“ Wir lachen ziemlich lang und O. findet noch, ich soll die Annahme verweigern, das Paket würde nach jahrelangem Streit und Ärger klingen. Langsam fängt diese Sendung an, mir Spaß zu machen.
Ich rufe noch ein paar Leute aus dem Seitenflügel an und frage diesmal nach der Empfängerin. Keiner hat einen blassen Schimmer.
Als Letztes fällt mir der neue Nachbar ein. Er ist erst kürzlich unter das Dach im Hinterhaus gezogen.
Ich laufe die Treppe bis in den vierten Stock und klopfe an seine Tür. Er öffnet mit nacktem Oberkörper in Jogginghose und ich wiederhole mein Sprüchlein.
„Ist bestimmt der Weihnachtsmann“, sagt er. Ich lache und finde auch diesen Witz ziemlich gut, aber er guckt ernst: „Nee, echt, ist ein wetterfester Weihnachtsmann für den Balkon. Der kann im Dunkeln leuchten.“ Isobel Markus
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