berliner szenen: Abschied vom Sommer
Jedes Jahr verbringen wir einen wunderschönen Tag am See, ohne zu ahnen, dass er der letzte sein wird und dass wir somit Abschied vom Sommer nehmen. An diesem Tag versprechen wir uns, dass wir öfter dorthin fahren werden, und schlagen vor, dort zu übernachten, ob in einer Hängematte zwischen Bäumen oder im Zelt und mit Teebaumöl gegen Mücken, oder – ganz korrekt – auf einem Campingplatz in der Nähe. Aber es ist jedes Mal plötzlich zu spät dafür: Luft und Licht ändern sich von einem Moment zum anderen und schon ist fast Herbst.
Die Sommergefühle verfliegen auf einmal und wir schauen bald sehnsüchtig auf unseren letzten Ausflug zurück. 2020 ist die Sehnsucht besonders früh da und besonders stark ausgeprägt.
Diesmal fahren wir mit dem Rad die Panke entlang, an Karow und Buch vorbei bis nach Bernau. In der Altstadt legen wir eine Pause ein und kämpfen gegen Wespen in einem Café, wo sich bei 36 Grad alles in Zeitlupe abzuspielen scheint. Dann geht es hoch und runter bis zum Liepnitzsee. Ich bin überrascht, dass dessen Wasserfarbe keine Täuschung meiner Erinnerung ist: Der See sieht von oben wirklich türkis und teilweise dunkelgrün aus.
Wir finden einen kleinen Strand nur für uns und bahnen uns einen Weg durch das Schilf ins Wasser. Es ist klar und frisch. Und fühlt sich ein bisschen an, als wären wir in den Alpen – so stelle ich mir jedenfalls einen See in den Bergen vor. Nach dem Essen – Brot und Käse, Obst und Kekse – kommt die Schläfrigkeit. Wir legen uns unter die intensiv duftenden Kiefern, die Berlin-Brandenburg-Radkarte als Unterlage für die noch nassen Haare. „Wir müssen öfter hierherkommen“, sagt die eine. „Wir könnten auch hier übernachten“, sagt die andere. „Bald sollten wir es machen, bevor der Sommer vorbei ist.“Luciana Ferrando
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