berliner szenen: Suchspiel am und auf dem Kanal
Wer Freundinnen wie A. und M. hat, braucht keinen Abenteuerurlaub. Das denke ich, während ich in Schrittgeschwindigkeit mit dem Rad am Landwehrkanal entlangrolle und aufs Wasser starre. Mehrfach werde ich angeranzt, dass das aber kein Fahrradweg sei – ja, ich weiß doch. Aber wie soll ich anders jedes der Schlauchboote mit den Augen scannen, um meine Freundinnen zu finden? Die Nachricht, die eine halbe Stunde vorher auf meinem Handy eintrudelte, hat für M. und A. System: „Hi, wir sind gleich mit dem Schlauchboot auf dem Kanal. Ich hab jetzt keinen Akku mehr und A. hat ihr Handy zu Hause gelassen. Wir paddeln aber in deine Richtung und du steigst ein. Bis gleich.“ Die beiden könnten zwischen Admiralsbrücke und Lohmühlenbrücke überall sein. Keine weitere Kommunikation möglich.
Bei jeder Unternehmung scheinen die beiden mich in meinem Planungsbedürfnis herausfordern zu wollen. Manchmal schicken sie mir nur Koordinaten, eine Uhrzeit und ein paar Emoticons und ich kann selbst rausfinden, was sie sagen wollen. Volleyball auf dem Tempelhofer Feld? Tischtennis im Treptower Park? Erstaunlicherweise habe ich meist so viel Lust, sie zu sehen, dass ich mich schulterzuckend auf den Weg mache. Kann vorkommen, dass ich dann in einer Gruppe wildfremder Menschen sitze und auf meinem Telefon lese: „Wir liegen doch noch im Bett. Aber iss nen Hotdog für uns mit!“
Kurz hinter der Hobrechtbrücke entdecke ich auf dem Wasser den richtigen Haarschopf. Ich schmeiße mein Fahrrad ans Geländer, schließe ab und strauchle durchs Gebüsch an den Kanalrand: „Hey, hier drüben!“ Die beiden winken und kommen angepaddelt. „Hätte nicht gedacht, dass du uns findest“, sagt M. Ich spare mir einen Kommentar und greife nach einem Bier zu ihren Füßen. Immerhin die Verpflegung stimmt. Linda Gerner
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