berliner szenen: Wenn kaputt, dann kaputt
Als mein Rad auf dem Vorarlberger Damm einen Platten bekommt, habe ich die Möglichkeit, es bis Südkreuz zu schieben und von dort mit der S-Bahn zurückzufahren. Doch mein Brückentag-Ausflug fängt gerade an und ich habe keine Lust, ihn zu canceln. Also schaue ich bei Google-Maps nach Fahrradläden in der Nähe meines Standortes und gehe Richtung Friedenau. Als ich fast da bin, sehe ich einen Mann mit einem Luftkompressor sein Fahrrad aufpumpen. „Was für ein Zufall!“, sage ich. Er hilft mir. „Ausprobieren, wenn kaputt, dann kaputt“, meint er. Der Reifen hält, ich fahre dann weiter. In Steglitz fahre ich zum Teltowkanal, ich möchte ihm bis zum Machnower See folgen. Im Wald, kurz vor meinem Ziel, ist die Luft aus dem Reifen komplett raus. Also doch kaputt.
Der nächste Fahrradladen ist in Teltow, drei Kilometer entfernt. Der Himmel wird grau und der trostlose Weg führt an Baustellen, Autohäusern und Inn-Hotels vorbei. Als mir der Händler kopfschüttelnd erklärt, dass der Laden neu ist und sie noch keine Reparatur anbieten, glaube ich ihm zuerst nicht. Er schreibt mir die Adresse einer weiteren Fahrradwerkstatt auf. „Es ist etwas weit von hier“, sagt er „aber alle anderen sind heute geschlossen.“ Lieber laufe ich bis zum S-Bahnhof Teltow Stadt: Mir ist kalt, ich bin müde und schlecht gelaunt. Ich möchte nur noch nach Hause.
Als ich erleichtert in der S-Bahn sitze, ahne ich nicht, wie lange die Odyssee noch dauern wird. Denn auch in der Nähe der Yorckstraße versuche ich vergeblich, einen geöffneten Fahrradladen zu finden. Resigniert entscheide ich mich, bis zur Boddinstraße zu schieben. Als ich endlich bei mir ankomme, werfe ich mich auf das Sofa und überlege nicht, mir ein Flickset zu kaufen, sondern eine Fahrradausflugspause zu machen.
Luciana Ferrando
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