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berliner szenenWie geht’s? Dasselbe wie immer?

Mein aktuelles Highlight auf dem Weg zu meiner neuen Arbeitsstelle ist der Kaffeestand direkt an der U-Bahn-Station. Er ist das morgendliche Pendant zum Späti, mit Donuts und Kaffee statt Alkohol und Drogen und mit belegten Brötchen statt Zigaretten und Kaugummi. Die beiden Jungs hinterm Tresen legen sich echt ins Zeug für den Kundenkontakt. Nach nur zwei Tagen haben sie sich meine Bestellung gemerkt, am dritten Tag kennen sie meinen Beruf, und nach gerade mal einer Woche wartet ein heißer Capuccino auf mich, noch bevor ich um die Ecke biege und den Laden betrete.

„Guten Morgen, hallo, wie geht’s?“ fragen sie mich, „dasselbe wie immer?“ „Nein, heute bitte noch ein Schoko-Croissant.“ „Ein Schoko-Croissant? Aber mit dem größten Vergnügen! Hier ist Ihr Capuccino. Wie immer mit Zucker! Aber Sie können sich das ja leisten! Und vergessen Sie nicht Ihre Stempelkarte! Kucken Sie mal, ich mache zwei Stempel drauf, weil heute so ein schöner Tag ist und weil Sie so nett sind!“ „Danke“, sage ich, „ich finde Sie sind auch sehr nett.“

„Sie sind nicht nur nett, sondern auch schön! Wunderschön! Und dieses Lächeln!“ „Danke“, sage ich, „ich finde Sie auch …“ „Lassen Sie das“, winkt der eine ab, „ein Kompliment muss man auch mal stehen lassen können. Nur so entfaltet es seine volle Wirkung.“ „Danke“, sage ich und lasse einen Fünf-Euro-Schein über den Tresen wachsen. „Vergessen Sie nicht Ihren Capuccino! Und haben Sie einen wunderschönen Tag! Bis morgen! Wir freuen uns schon!“

Beim Rausgehen höre ich, dass der Mann hinter mir ebenfalls nett und schön zu sein scheint und gewinnbringend lächelt! Meine Freude bleibt dennoch ungetrübt. Der Ton macht die Musik, ein geteiltes Kompliment ist ein doppeltes Kompliment, und ich danke Berlin für meinen Späti. Eva Mirasol

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